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André Moritz · Felix Rimbach

Soft Skills für Young Professionals

André Moritz · Felix Rimbach

Soft Skills für Young Professionals

Alles, was Sie für Ihre Karriere brauchen

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Lektorat: Christiane Martin, Köln
Umschlaggestaltung: +malsy Kommunikation und Gestaltung, Willich
Umschlagfoto: Getty images, München

Inhalt

Vorwort

1. Selbstbeobachtung

1.1. Werte & Glaubenssätze – Grundlage Ihrer Persönlichkeitsentwicklung

1.2. Ziele & Visionen – Ihre Zukunftsausrichtung

1.3. Persönlichkeit & Ausstrahlung

1.4. Wahrnehmung

2. Selbstentwicklung

2.1. Arbeitstechniken – Ihre Effizienz und Effektivität steigern

2.2. Selbstdarstellung & Ausstrahlung

2.3. Emotionale Intelligenz – Ihr Umgang mit Gefühlen und Menschen

2.4. Geistiges Wachstum und intellektueller Ausgleich

2.5. Regeneration & Freizeit

3. Gruppenbeobachtung

3.1. Motive & Bedürfnisse – Grundlagen der Gruppenentwicklung

3.2 Gruppentheorie – Dynamik von Teams

3.3. Interkultur – Ihr Verhalten in internationalen Gruppen

3.4. Evaluierung von Gruppen und Personen

4. Gruppenentwicklung

4.1. Networking – soziale Beziehungen aufbauen und nutzen

4.2. Partnerschaft, Familie und Freundschaft

4.3. Kommunikation in und vor Gruppen

4.4. Teams und Mitarbeiter führen

Über die Autoren

Empfohlene Literatur

Vorwort

Soft Skills für Young Professionals – dieses Buch geleitet Sie mit vielen Hilfen, Methoden und einem Bündel nützlichen Wissens durch die wichtigsten Situationen in Ihrem Beruf und in Ihrem Privatleben. Wir geben Ihnen eine Reihe nützlicher Werkzeuge, um das Arbeiten und Leben einfacher und effektiver zu machen, und wir möchten Ihnen einen Weg aufzeigen von Persönlichkeitsentwicklung hin zu nachhaltigem Erfolg im „Wir“, in der Gesellschaft.

Metodenkompetenz für Beruf und Privatleben

Mit dem Lesen dieses Buches steigern Sie eine Reihe essenzieller Methodenkompetenzen und sind in Standardsituationen des Berufs- und Privatlebens besser vorbereitet, richtig und angemessen zu handeln. Wenn Sie das hier in Ihren Händen liegende Fakten- und Methodenwissen erwerben und praktisch anwenden, werden Sie einen durchschlagenden Fortschritt und Erfolg erleben. Sie werden effektiver und effizienter handeln. Sie werden Dinge vereinfachen und Resultate in weniger Zeit erzielen. Die Qualität Ihrer Arbeit wird steigen, und Sie werden in zwischenmenschlicher Interaktion souveräner und erfolgreicher sein.

Die Zeiten von Einzelkämpfern in der Wirtschaft sind vorbei. Und immer wieder beklagen Unternehmen, dass es fachlich gut ausgebildeten Bewerbern an sozialer Kompetenz mangelt. Dazu kommen Defizite bei den kommunikativen Fähigkeiten sowie hinsichtlich genereller Methodenkompetenz. Dieses Buch soll einen entscheidenden Beitrag leisten, dies zu ändern.

Leben, Lernen und Arbeiten in unserer heutigen Gesellschaft führen zum Erfolg, wenn Sie die Synergie der Zusammenarbeit nutzen. Vor erfolgreicher Kooperation in Beruf und Gesellschaft steht jedoch die persönliche Auseinandersetzung mit sich selbst. Sich selbst zu kennen und an sich selbst zu arbeiten, schafft die Grundlage für Teamarbeit. Um aus dem formalen Zusammenschluss mehrerer Menschen zu einer Gruppe ein effektives und effizientes Team zu machen, bedarf es wiederum fundierter Kenntnisse über die spezifische Gruppe und Gruppen allgemein. Erst wenn sich die Gruppe kennt, kann sie wachsen.

Die vier Hauptteile des Buches

Das Buch besteht deshalb aus vier großen Teilen:

1. Selbstbeobachtung

2. Selbstentwicklung

3. Gruppenbeobachtung

4. Gruppenentwicklung

Diese vier Teile bilden die wesentlichen Stufen im Wachstumsprozess Ihres Selbst und Ihres Umfeldes. Diese vier Teile bilden den „roten Faden“ durch das Buch.

Im Abschnitt „Selbstbeobachtung“ geht es um das Erkennen und Definieren Ihrer Werte, Glaubenssätze, um Ihre ethischen und moralischen Prinzipien. Diese bilden das Fundament Ihrer Persönlichkeit und Persönlichkeitsentwicklung. Anschließend setzen Sie sich theoretisch wie praktisch mit Ihren Zielen auseinander. Dabei werden Sie aufgefordert, für verschiedene Zeithorizonte persönliche Ziele zu definieren. Sie setzen sich weiterhin mit Ihrer Persönlichkeit, Ihrer Ausstrahlung, Ihren Stärken und Schwächen sowie Ihrer eigenen Wahrnehmung und der Wahrnehmung durch andere Personen auseinander.

Ausgehend von den Grundlagen des ersten Teils gibt Ihnen der zweite Teil konkrete Impulse, wie und wo Sie an sich selbst arbeiten können. Das beginnt bei wesentlichen Arbeitstechniken, mit denen Sie Ihre Effektivität und die Effizienz Ihrer Arbeit steigern können. Vor allen Dingen gehören dazu das Zeitmanagement, Kreativitätstechniken, Lerntechniken, Schnell-Lesetechniken, Herangehensweisen systematischen Problemlösens sowie Aspekte des persönlichen Informations- und Wissensmanagements. Die Entwicklung Ihrer Ausstrahlung und der Fähigkeit zur Selbstdarstellung konfrontiert Sie im Folgenden mit Umgangsformen, Körpersprache, Rhetorik, Präsentation, Selbstvermarktung und dem Komplex der Bewerbung.

Selbstentwicklung bedeutet jedoch auch die Entwicklung Ihrer emotionalen Intelligenz – dem Umgang mit Ihren und den Gefühlen anderer. Neben geistigem Wachstum wird Selbstentwicklung auch begleitet von emotionalem Ausgleich, von Regeneration und von Freizeit. Hier erhalten Sie Impulse und Anregungen zur Balancierung Ihrer Entwicklung und Ihrer Aktivitäten.

Um erfolgreich in Gruppen agieren zu können, müssen Sie Gruppen verstehen. Das beginnt im Erkennen individueller Bedürfnisse und Handlungsmotive und setzt sich fort in der Kenntnis gruppendynamischer Prozesse und der spezifischen Eigenschaften von Gruppen als sozialem Gebilde. So erlangen oder vertiefen Sie im dritten Teil Kenntnisse interkultureller Besonderheiten und übertragen diese auf Gruppen mit Mitgliedern unterschiedlicher Herkunft. Damit schaffen Sie die Basis Ihrer interkulturellen Kompetenz. Im letzten Abschnitt des dritten Teils erwerben Sie die notwendigen Kenntnisse der Evaluierung von Gruppen und Personen im Arbeitsleben – eine Grundqualifikation, sobald Sie das erste Mal Personalverantwortung tragen.

Höchste Ebene im vierten Teil: Gruppenentwicklung

Der vierte Teil des Buches schließlich bringt Sie auf die höchste Ebene: das Etablieren und Fördern von Gruppen sowie die erfolgreiche Interaktion in diesen Gruppen. Sie erwerben die Kompetenz erfolgreichen Networkings – dem Aufbau, der Pflege und der Nutzung Ihres sozialen Beziehungsnetzwerks. Gruppenentwicklung beschränkt sich jedoch nicht auf die berufliche Ebene: Entwicklung und Wachstum beziehen sich in diesem Teil des Buches auch auf Ihre Partnerschaft, Ihre Familie und Ihre Freunde.

Zwei weitere Aspekte prägen den letzten Teil: auf der einen Seite die Kommunikation in und vor Gruppen. Dazu gehören vor allem Diskussionsleitung, Moderation, Verhandlung, Manipulation, Argumentation, Smalltalk, Schlagfertigkeit und Kommunikationsstörungen. Auf der anderen Seite erhalten Sie im Abschnitt „Teams und Mitarbeiter führen“ das nötige Handwerkszeug, um Teams und Mitarbeiter im Sinne der Philosophie dieses Buches erfolgreich zu entwickeln und zu leiten.

Theorie und Praxis

„Nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie“, hat Kurt Lewin einmal gesagt. Auf der anderen Seite ist alle Theorie nutzlos, wenn sie sich in der Praxis nicht bewährt.

Und so hört man von den Pragmatikern: „Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Theorie viel kleiner als in der Praxis.“ Darauf wiederum antworten Idealisten und Wissenschaftler gern: „Für zu viele Leute gilt: Alles, was sie verstehen ist praxisrelevant und was sie nicht mehr verstehen ist bloße Theorie.“

Ein wenig haben sie alle Recht. Aus diesem Grund haben wir als Autoren, André Moritz und Felix Rimbach, versucht, mit „Soft Skills für Young Professionals“ beides so gut wie möglich zu verbinden. Wir sind der Überzeugung, dass uns dies gelungen ist.

Das Buch spiegelt unseren individuellen Ansatz wider, theoretisch fundiertes Wissen mit einem motivierenden und aktivierenden Schreibstil zu verbinden. So soll es Sie einerseits mit dem theoretischen Know-how ausstatten, auf der anderen Seite jedoch auch aufrütteln und zu konkreten Entscheidungen und konkretem Handeln veranlassen. Wir haben dabei bewusst auf Fußnoten in wissenschaftlichem Stil verzichtet, da das Buch primär einem praxisorientierten Ratgeberstil folgt. Dennoch werden Sie auf verschiedenen Seiten auch Absätze finden, die zu konkreten Tipps zu erfolgreichen Verhaltensstrategien auch eine nützliche theoretische Basis vermitteln.

„Wer viel schießt, ist noch lange kein guter Schütze“ – wir sind der Meinung, dass soziale Kompetenz, kommunikative Kompetenz und Methodenkompetenz nicht zwingend nur auf Lebenserfahrung basieren. Im Gegenteil: Jeder kann sie erlernen! Nicht nur aus Büchern, aber gute Bücher können einen wesentlichen Impuls geben und essenzielle Grundlagen schaffen. Sie sind auf dem besten Weg dazu, diese Grundlagen zu erarbeiten und auszubauen.

1. Selbstbeobachtung

Grundlage aller gezielten Persönlichkeitsentwicklung ist die Kenntnis des eigenen Ich. Wer bin ich? Woher komme ich? Was will ich? Was ist mir wichtig? Wo will ich hin? Woran glaube ich? Was prägt mich? Wer ist mir wichtig? Wonach entscheide ich? Was beeinflusst mich? Wer beeinflusst mich? Was sind meine Werte? An welchen Moralvorstellungen richte ich mein Handeln aus? Was ist für mich tabu? An welchen Maßstäben messe ich mich? Woran messe ich andere Menschen? Was bin ich? Was habe ich? Was kann ich?

Diese Reihe von Fragen stellt nur einen kleinen Ausschnitt aus dem dar, womit Sie sich früher oder später im Verlauf Ihrer persönlichen Entwicklung, Ihres Wachstums und Ihres Lebens auseinander setzen.

Einige Antworten werden Sie automatisch mit zunehmendem Alter finden; sie ergeben sich aus der wachsenden Lebenserfahrung. Andere müssen Sie sich rechtzeitig und bewusst selbst beantworten, wenn Sie Ihr Leben gestalten wollen.

Als Leser dieses Buches möchten Sie Ihre Entwicklung höchstwahrscheinlich aktiv in die Hand nehmen und selbstbewusst planen und steuern. In diesem Sinne ist es notwendig, nicht passiv auf Antworten durch wachsende Lebenserfahrung zu warten, sondern proaktiv nach ihnen zu suchen, sich Antworten zu geben und Entscheidungen zu treffen. Dieses Kapitel begleitet Sie auf dem spannenden Weg der Selbstbeobachtung.

Schnellübersicht: Was erwartet mich in diesem Kapitel?

1) Im ersten Abschnitt „Werte & Glaubenssätze“ setzen Sie sich mit Fragen Ihrer persönlichen Moral und Ethik auseinander, identifizieren Glaubenssätze, die Ihr Handeln, Ihre (Vor-)Urteile und Ihr Werteverständnis prägen, und machen sich Ihre Ideale und persönlichen Werte bewusst.

2) Im zweiten Abschnitt „Ziele & Visionen“ richten Sie den Blick in die Zukunft:Wohin wollen Sie in Ihrem Leben gehen? Welchen Weg wollen Sie dazu beschreiten? Haben Sie bereits eine Vision, die Sie durch Ihr Leben – in guten wie in schlechten Zeiten – leitet? Sie erfahren von der motivierenden Funktion von Zielen und wie Sie diese für maximale Motivierung und Orientierung richtig formulieren. Was macht eine effektive Zieldefinition aus? Wie komme ich von einer Lebensvision und einem so genannten Mission Statement zu mittelfristigen Zielen und einer Orientierung für die Woche und den Tag? Welche Rolle spielen Zufall und Glück dabei?

3) Im dritten Abschnitt „Persönlichkeit & Ausstrahlung“ setzen Sie sich mit Merkmalen von Persönlichkeit und Ausstrahlung auseinander und reflektieren Ihre eigene Wirkung auf Mitmenschen. Sie werden sich die Auswirkungen von Fühlmustern, Denkmustern und Verhaltensmustern auf den Status quo Ihrer und anderer Persönlichkeiten bewusst machen. Darauf aufbauend lernen Sie, wie Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein, Selbstachtung, Authentizität, Souveränität und Charme zusammen mit dem Bewusstsein eigener Lebensrollen, Stärken und Schwächen und Persönlichkeitstypen das Gesamtbild Ihrer Ausstrahlung und letztlich Persönlichkeit bilden.

4) Im vierten Abschnitt „Warnehmung“ schließlich machen Sie sich - bewusst, wie sehr unterschiedliche Wahrnehmungen zu unterschiedlichen Einschätzungen, Eindrücken und Analyseergebnissen führen. Hier geht es insbesondere darum, ein Selbstbild und Fremdbild zu erstellen sowie die eigene und fremde Einschätzung Ihrer Person auf Abweichungen zu untersuchen.

1.1. Werte & Glaubenssätze – Grundlage Ihrer Persönlichkeitsentwicklung

Unsere Zivilisation basiert zu großen Teilen auf dem Konsens über bestimmte Werte und Moralvorstellungen. Trotz nicht enden wollender Konflikte, Kriege und Differenzen in Religion, Wirtschaft, Politik und Kultur gibt es grundlegende Wert- und Moralvorstellungen, die das dauerhafte Zusammenleben erst ermöglichen. Viele dieser Werte und Moralvorstellungen sind das Resultat von Erziehung, Sozialisierung und Religion. Sie finden eine Manifestierung in nationalen und internationalen Gesetzen sowie religiösen Schriften wie der Bibel, dem Koran und der Thora.

Individuelle Wertvorstellungen und sozialer Konsens über Werte

Dabei entsteht ein Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft. Idealerweise sollte jeder Mensch seine eigenen Wertvorstellungen suchen, finden und in seinem täglichen Leben und Handeln manifestieren. Die Entscheidung für eigene Werte schafft ein höheres Commitment und damit eine höhere persönliche Verbindlichkeit. Das Prinzip leuchtet ein: Hat jemand seine Werte gefunden, lebt er mit höherer Verbindlichkeit danach, als wenn ihm Eltern, Kirche oder die Gesellschaft als Ganzes bestimmte Werte vorschreiben. Auf der anderen Seite erfordert ein friedliches und geregeltes Zusammenleben jedoch gerade diesen Konsens über bestimmte Werte und eine entsprechende Verbindlichkeit für alle Gesellschaftsmitglieder.

Moral, Ethik und Ideale für sich selbst finden

Moral (von lateinisch „mores“: Sitten, Charakter, Gewohnheit) definiert sich als System von Werten und Normen und deren praktischer Umsetzung im Alltag. Damit unterscheidet sich Moral vom Begriff der Ethik. Der Ethikbegriff lässt sich auf die griechische Antike und Aristoteles zurückführen. Hier war mit „ethos“ vor allem „das Gute“ gemeint, das, was sich gehört und was gerecht ist. Moral hingegen bezieht sich auf die tatsächliche Anerkennung und Verwirklichung von sittlichen Werten und Normen im täglichen Leben der Menschen.

Instanzen der Moralprägung

Als wichtige moralische Instanz gilt die Religion. Mit dem Sinn, Zweck und Wesen der Moral setzen sich jedoch vor allem auch Philosophie, Theologie, Soziologie und Psychologie auseinander. Moral unterscheidet sich von persönlichen Grundwerten insofern, als sie eine universale Grundübereinstimmung über allgemein gültige Werte manifestieren soll. Ein Beispiel dafür ist die Achtung der Menschenwürde. In diesem Verständnis dient Moral als normativer Rahmen für alle oder zumindest die meisten Menschen einer Gesellschaft bezüglich ihres Verhaltens gegenüber anderen Mitgliedern der Gesellschaft.

Die Individualmoral und die gesellschaftliche Moral können, müssen aber nicht deckungsgleich sein. In den meisten Fällen beeinflusst die gesellschaftliche Moral als stillschweigende Übereinkunft von Verhaltensregeln und Wertmaßstäben auch die individuelle Prägung von Werten. Daher müssen Sie sich jedoch bereits im Vorfeld bewusst werden, inwieweit „Ihre Werte“ tatsächlich Ihre eigenen Werte sind, oder ob Ihnen diese nicht unbewusst durch Erziehung und Sozialisation durch die Gesellschaft oktroyiert wurden.

Den idealen Menschen gibt es nicht

Aus Moral und Ethik ergeben sich bestimmte Vorstellungen, wie der ideale Mensch sein und leben sollte. Philosophen aller Epochen streiten und formen an diesem Idealbild von Menschen. Allerdings gibt niemand praktische, lebende Beispiele für dieses Idealbild. Den idealen Menschen gibt es in der Praxis nicht, weil unterschiedliche Rahmenbedingungen und Persönlichkeitstypen unterschiedliche Menschen hervorbringen oder erfordern.

Die Vorstellung eines Ideals basiert meist auf der Aggregation aller Merkmale, Eigenschaften und Werte, die ein Individuum oder eine Gesellschaft allgemein als „gut“ und „richtig“ betrachten. Dabei vergessen wir jedoch häufig, dass es miteinander konkurrierende Ziele gibt, die beide „gut“, aber nicht gleichzeitig zu realisieren sind. So ist es vermessen zu glauben, Sie könnten alles um Sie herum in den Griff bekommen, zum Beispiel, was Sie und andere von Ihnen möchten.

Unvereinbarkeit von Zielen

Es ist einfach nicht möglich, gleichzeitig ein bedingungslos engagierter Angestellter, Manager oder Unternehmer zu sein, jederzeit für seine Kinder oder andere Familienmitglieder da zu sein, sich dann für Entwicklungshilfe und gemeinnützige Projekte zu engagieren, ein Musterkonsument zur Ankurbelung der Binnennachfrage und des gemeinschaftlichen Wohlstands zu sein und letztendlich allem Materiellen zu entsagen und ein freies, ehrliches Leben für Religion, Philosophie oder Erlangung von Weisheit und Erleuchtung zu führen.

Machen Sie sich frei von Idealvorstellungen und Perfektion

Eine grundsätzliche Empfehlung bei der Suche und Definition der eigenen Werte, Moral und Prinzipien lautet daher: Machen Sie sich frei von Idealvorstellungen! Das ist der wichtigste Schritt zu einem einfacheren, entlasteten und glücklicheren Leben. Der Konflikt, der sich aus dem Versuch ergibt, allen Idealvorstellungen gerecht zu werden, ist einer der Hauptgründe für unglückliche, gestresste und/oder orientierungslose Menschen in unserer Gesellschaft.

Haben Sie sich erst einmal bewusst gemacht, dass Sie das Ideal nicht erreichen können, kann die Suche nach eigenen Moralvorstellungen und Werten viel entspannter erfolgen. Möchten Sie ein verantwortungsvolles Leben nach diesen Moralvorstellungen führen, müssen Sie diese als eigene Verpflichtung, nicht jedoch als auferlegten Zwang verstehen. Der Schlüssel liegt wie so oft in der Einstellung, im „Ich möchte“ statt „Ich muss“!

Je ehrlicher das eigene Commitment, die Selbstverpflichtung zu einem Wert, einer Tätigkeit oder einer Person ist, umso verbindlicher, stärker und motivierender ist diese Selbstverpflichtung. Es macht keinen Sinn, sich „Toleranz“ auf die Fahnen zu schreiben bzw. schreiben zu lassen, wenn Sie zum Beispiel nicht wirklich daran glauben. Ihre Wertvorstellungen müssen ehrlich sein, andernfalls bleiben sie nur Lippenbekenntnisse und werden auf Ihrem Weg keine Unterstützung und Orientierung sein.

Die Auswirkung kleiner sprachlicher Details

Persönliche Wertvorstellungen beginnen deshalb zum Beispiel mit:

„Ich will …“

„Es ist meine Überzeugung, dass …“

„Es ist mir wichtig …“

Schlechte Formulierungen und meist keine wirklich persönlichen Werte sind zum Beispiel:

„Ich sollte (besser) …“

„Man muss …“

Diese sprachlichen Finessen erscheinen mitunter pedantisch, haben aber eine große Wirkung auf die Motivation, das Lebensgefühl und die persönliche Ausstrahlung. Insbesondere der Unterschied zwischen „ich möchte“ und „ich muss“ kann den bedeutenden Unterschied zwischen Erfolg, Ausstrahlung und Charisma zweier Personen machen.

Glaubenssätze erkennen und hinterfragen

Neben Ihren Wert- und Moralvorstellungen ist Ihr Leben durch so genannte Glaubenssätze geprägt. Darunter sind – in den meisten Fällen unbewusste – Einstellungen, Meinungen, Überzeugungen und Paradigmen zu verstehen, die Ihr Handeln, Ihre Einschätzung von Menschen und Situationen und indirekt auch Ihr Wertekonzept beeinflussen oder manifestieren.

Glaubenssätze als Motor und als Bremse von Denken und Verhalten

Glaubenssätze sind gut und hilfreich, wenn sie einem Menschen Charakter und Orientierung geben. Sie sind im besten Fall das Ergebnis der eigenen Meinung und eines festen Standpunkts sowie Merkmal einer charakterstarken Persönlichkeit. Auf der anderen Seite können Glaubenssätze auch hinderlich und kontraproduktiv sein, wenn sie die persönliche Entwicklung bremsen oder zu Fehleinschätzungen und Fehlreaktionen verleiten.

Bodo Schäfer hat in seinem Buch „Der Weg zur finanziellen Freiheit“ recht treffend beschrieben, wie Glaubenssätze im Sinne von „Geld macht arrogant, egoistisch und machthungrig“ oder „Geld ist böse“ völlig im Widerspruch zu dem Wunsch vieler Menschen nach materiellem Reichtum stehen. Eine Person, die nach der eigenen Million strebt, gleichzeitig unbewusst solche Einstellungen mit sich herumträgt, erreicht das angebliche Ziel vermutlich nie! Ebenso lässt sich für einen Studenten der Wunsch, Jahrgangsbester zu werden oder unter den ersten zehn der Absolventen zu landen, kaum realisieren, wenn dieser gleichzeitig leistungshemmende Vorstellungen wie das Bild des „Strebers“ in sich herumträgt oder der Auffassung ist, „die letzten Notenpunkte zur Spitze kosten unverhältnismäßig viel Extraaufwand, der nicht durch den Zusatznutzen gerechtfertig ist“.

Nützliche Glaubenssätze sind ein Hebel zu mehr Erfolg und Zufriedenheit

In diesem Sinne ist es unerlässlich, sich seine Glaubenssätze – im Zuge der Selbstbeobachtung umfassend bewusst zu machen. Dabei gilt es jedoch nicht nur, nach negativen, das heißt, hinderlichen Überzeugungen zu suchen, sondern sich auch gezielt bewusst zu machen, wie das eigene Handeln auch positiv von Glaubenssätzen motiviert wird. Wer von Kindesbeinen an erlebt hat, dass Leistung früher oder später angemessen entlohnt wird, hat eine tief verinnerlichte und langfristige Motivation für Spitzenleistungen.

Eine gute Übung zum Herausfinden eigener Glaubenssätze ist, die folgenden Aussagen für sich fortzusetzen. Dies können Sie sogar an einem gemütlichen Abend zu zweit mit Ihrem Partner machen. Dabei entstehen mitunter erstaunliche Erkenntnisse und Aha-Erlebnisse:

Das Leben ist …

Sterben müssen heißt …

Menschen können …

Menschen sollten …

Die Welt braucht …

Das Wichtigste am Leben ist …

Unwichtig ist …

Vergangenheit ist …

Zukunft bedeutet …

Gegenwart heißt …

Zeit ist …

Liebe ist …

Freunde haben ist …

Glück ist …

Zufriedenheit bedeutet …

Gefühle sind …

Konflikte bedeuten …

Hoffnung ist …

Glauben können ist …

Träume sind …

Visionen sind …

Veränderung bedeutet …

Stagnation bedeutet …

Ich brauche …

Angst habe ich vor …

Mut bedeutet …

Das Allerschwerste ist …

Es ist so leicht …

Verlieren bedeutet …

Gewinnen heißt …

Perfekt sein bedeutet …

Versagen bedeutet …

Verlust ist …

Schmerz ist …

Arbeiten bedeutet …

Geld bedeutet …

Leistung ist …

Stärke ist …

Fantasie kann …

Kreativität ist …

… kann ich nicht ertragen.

… wünsche ich mir mehr als alles.

… ist mir sehr wichtig.

… will ich erreichen.

… mag ich besonders.

… hasse ich an mir.

Grundsätzliche Lebenseinstellungen wählen

Geistiges Wachstum ist ein Prozess

Selbstbeobachtung ist ebenso wie der im zweiten Buchteil betrachtete Bereich der Selbstentwicklung ein Prozess. Sie können dafür kein Zertifikat erwerben oder einen Haken dranmachen, wenn Sie meinen, es erledigt zu haben. Im Verständnis eines Prozesses, eines Wachsens und Reifens macht es dabei Sinn, eine Ausgangssituation und einen Grundwert zu identifizieren, um zu erkennen, von wo aus Sie sich bewegen. Ihre Grundeinstellungen sind insofern bedeutsam, als sie Sie auf dem ganzen Weg begleiten. Ein klassisches Paradigma und Weltbild ist hier das „positive thinking“, das heißt, grundsätzlich mit einer optimistischen Haltung an neue Herausforderungen, vorhandene Konflikte oder persönliche Planungen zu gehen.

Selbstvertrauen spielt hier eine bedeutende Rolle. Statt „Das kann ich doch eh nicht“ oder „Dafür fehlt mir das Talent“ gilt es, an sich zu glauben. Wer sich zum Beispiel mit Techniken des Neurolinguistischen Programmierens auseinander setzt (NLP), findet diesen Ansatz immer wieder in Aussagen wie dieser:

„Um herauszufinden, ob dies etwas für Sie ist oder ob Sie es schaffen können, müssen Sie so tun, als ob es so wäre.“

Selbsterfüllende Prophezeiungen

Das Prinzip der sich selbst erfüllenden Prophezeiung fördert hier Ihren Erfolg. Wenn Sie sicher sind, dass Sie etwas schaffen, ist die Wahrscheinlichkeit, es tatsächlich zu schaffen, deutlich höher als bei einer pessimistischen Grundeinstellung. Wer nicht daran glaubt, etwas zu schaffen, wird es in vielen Fällen auch nicht realisieren. Wer gar nicht erst anfängt, wird nie erfahren, ob es funktioniert hätte, und sich lediglich in dem zweifelhaft komfortablen Glauben bestätigen, es sowieso schon vorher zu wissen und gewusst zu haben.

Intellektueller Ausgleich ist wichtig

Beständiges geistiges Wachstum, wie es in Kapitel 2.4. diskutiert wird, ist zum Beispiel sicher eine Idealvorstellung, und Sie mögen einräumen, dass in der Realität des Alltags häufig wenig Raum für das Lesen hoch geistiger Literatur, den Besuch kultureller Veranstaltungen oder die Muße für Musik, Kunst und Philosophie herrscht. Wer hart am Leben zu arbeiten hat, in finanziellen Nöten steckt, neben Job, Familie und Wohnung oder Haus kaum Zeit für sich selbst hat, dem mag das Ideal des beständigen geistigen Wachstums praxisfremd vorkommen. Aber gerade für Menschen in einer solchen Situation bietet das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines konstanten persönlichen Wachstumsprozesses Perspektiven. Der bekannte deutsche Zeitmanagementexperte Lothar J. Seiwert hat diese Erkenntnis in einem Buchtitel plakativ subsumiert:„Wenn du es eilig hast, gehe langsam.“

Zeitmanagementtheorien, wie wir sie in Kapitel 2.1. vorstellen, mögen in der Praxis nicht immer so erfolgreich sein, wie sie es auf geduldigem Papier sind. Letztlich ist es aber der erste Schritt, sich damit auseinander zu setzen, denn das Verständnis der Theorie schafft zumindest eine höhere Sensibilität im praktischen Alltag. Letztlich sind häufig eine richtige und eine bewusste Grundeinstellung der erste Schritt jeder langen Reise.

Die richtige Einstellung ist wichtig

So schafft Ihre Lebenseinstellung den Unterschied, der es Ihnen erlaubt, auch unter schwierigen Bedingungen, wenn auf den ersten Blick kein Raum für bestimmte Dinge vorhanden ist, Schritt für Schritt genau diesen Raum freizumachen. Es ist dieser Unterschied, der dazu führt, gerade in harten Zeiten den Glauben und den Optimismus nicht zu verlieren. Denn es macht einen Unterschied, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Ihre Einstellung ist entscheidend für Ihre Ausgeglichenheit und Ihren persönlichen Erfolg.

„Das Leben ist bezaubernd, man muss es nur durch die richtige Brille sehen.“

ALEXANDRE DUMAS DER ÄLTERE

Gehören Sie zu den Menschen, die Probleme, Unklarheiten, Ungewissheit und Überraschungen als Risiken sehen? Erkennen Sie in einer Überraschung oder einem Problem eine Chance? Denken Sie beständig darüber nach!

Fehler akzeptieren

Sie haben einen Fehler gemacht? Das ist psychologisch für Sie nur halb so schlimm, wenn Sie bereit sind, Fehler zu akzeptieren und Fehler einfach als Erfahrung und Lernimpuls verbuchen.

Machen Sie sich bewusst, dass Ihre moralischen und ethischen Werte, Ihre Ideale, Ihre Glaubenssätze und Ihre Lebenseinstellungen die entscheidende Basis für Ihre Entwicklung und Ihr Handeln sind. Entsprechend sind sie auch die Basis für alle folgenden Kapitel dieses Buches mit konkreten Handlungsempfehlungen und Tipps zu effektiven Verhaltensweisen.

„Erfolg ist das Ergebnis richtiger Entscheidungen. Richtige Entscheidungen sind das Ergebnis von Erfahrungen. Erfahrung ist das Ergebnis falscher Entscheidungen.“

ANTHONY ROBBINS

Übung 1.1.

(A) Schreiben Sie spontan fünf wichtige Werte in Ihrem Leben auf! Welche Eigenschaften, Handlungsmaximen und Verhaltensweisen finden Sie persönlich für Ihre eigene Person und für andere Menschen richtig und wichtig?

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(B) Umkreisen Sie in der folgenden Liste die Werte, die Ihnen richtig und wichtig erscheinen!

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(C) Vergleichen und überdenken Sie die Ergebnisse aus (A) und (B)! Welche sind Werte, welche sind Moralvorstellungen, welche sind Tugenden – oder macht das überhaupt einen Unterschied? Mit welchen können Sie sich wirklich identifizieren? Welche würden Sie sich selbst und ganz bewusst öffentlich auf die Fahnen schreiben? Denken Sie wenigstens 5 Minuten darüber nach.

(D) Im Ergebnis der drei Aufgaben und Überlegungen:Welches sind die drei für Sie heute ausschlaggebenden Werte, an denen Sie Ihr Leben und Handeln ausrichten wollen?

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(E) Schreiben Sie drei Glaubenssätze auf, von denen Sie denken, „ich sollte das eigentlich nicht denken/machen/sagen/glauben“, oder wählen Sie Glaubenssätze, die Sie Ihrer Meinung nach potenziell in irgendeiner Form behindern!

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1.2. Ziele & Visionen – Ihre Zukunftsausrichtung

„Kein Wind ist demjenigen günstig,
der nicht weiß, wohin er segeln will.“

MICHEL DE MONTAIGNE

„Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.“

LAOTSE

Aller Fortschritt basiert auf Weiterentwicklung. Gezielte Weiterentwicklung setzt voraus, dass Sie wissen, wo Sie stehen und wo Sie hingehen wollen.

Ausgehend vom Bewusstsein, was Sie derzeit können (im Sinne von Qualifikation und Möglichkeiten unter den gegebenen Rahmenbedingungen), was Sie derzeit haben (Wissen, materiellen Dingen, Kontakten) und was Sie derzeit wollen (Wünsche, Bedürfnisse) sind konkrete Ziele und Wege für die Weiterentwicklung festzulegen.

Ziele richtig definieren

Merkmale „wohlgeformter Ziele“

Um Ziele motivierend zu gestalten, sodass sie Orientierung geben und Energie für das „Anpacken“ freisetzen, bedarf es einer richtigen Formulierung. Entscheidende Merkmale einer solchen Formulierung sind:

1. Schriftlichkeit 5. Positive Formulierung
2. Realismus 6. Aktive Formulierung
3. Terminierung 7. Verantwortungszuweisung
4. Messbarkeit 8. Visualisierung

1. Schriftlichkeit

Fühlen Sie sich an ein beliebiges Silvesterfest zurückversetzt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind Sie in das neue Jahr mit einigen Zielen oder guten Vorsätzen gegangen. Wie viele dieser Ziele haben Sie über die Jahre gesehen tatsächlich realisiert? Hatten Sie diese schriftlich fixiert? Ein entscheidender Faktor für die Zielerreichung, noch vor der richtigen Formulierung an sich, ist die schriftliche Fixierung. Wenn Sie etwas aktiv zu Papier gebracht haben, hat das Ganze psychologisch eine wesentliche höhere Selbstverpflichtung, als beispielsweise einfach nur gedanklich ein paar gute Vorsätze fürs neue Jahr ins Auge zu fassen. Zudem ermöglicht die Schriftlichkeit eine spätere Kontrolle: Was Sie einmal schwarz auf weiß auf dem Papier festgehalten haben, können Sie später nicht einfach umdeuten oder aufweichen (Kapitel 4.4.).

Stärkere Selbstverpflichtung

Ebenso wie ein Vertrag bindend ist, erzeugen niedergeschriebene Ziele ein höheres Commitment. Diese persönliche Selbstverpflichtung wirkt dabei noch stärker, wenn der Betroffene das Ziel selbst aktiv niederschreibt. Dies ist insbesondere im Rahmen von Zielvereinbarungsgesprächen bedeutsam: Vereinbarte Ziele für das nächste Jahr sollte jeder Mitarbeiter selbst schreiben und nicht von der Führungskraft das fertig ausgefüllte Blatt vorgesetzt bekommen.

2. Realismus

Nur realistische Ziele motivieren

Ihre Ziele müssen realistisch formuliert sein, um motivieren zu können. Nur ein Ziel, an das Sie auch glauben, wird genug Energie freisetzen, um loslegen und beständig auf die Zielerreichung hinarbeiten zu können. Halten Sie die Zielerreichung für unrealistisch, werden Sie nur mit halber Kraft arbeiten. Dies gilt ebenso für alle anderen an der Zielerreichung beteiligten Personen. Das Motto „Warum sollen wir uns anstrengen, den Termin schaffen wir doch eh nicht“ ist verständlich und psychologisch ein Schutz für den Menschen, sich sinnlos zu verausgaben. Auf der anderen Seite dürfen Sie das Ziel jedoch nicht zu tief hängen, denn dann besteht keine Notwendigkeit, sich anzustrengen. Dies ist gerade für Führungskräfte ein wichtiger Aspekt: Überzogene Ziele führen zu Überlastung, Stress, innerer Kündigung, eingeschränkter Einsatzbereitschaft und Unzufriedenheit. Zu niedrig angesetzte Ziele führen auf Dauer ebenso zu Unzufriedenheit und Demotivation, vor allem aber zu suboptimalen Ergebnissen.

Erfolg macht zuversichtlich

Jeder braucht eine gewisse Herausforderung. Ein realistisches Ziel soll also weder über- noch unterfordern, jedoch ein gewisses Herausforderungspotenzial enthalten. Ebenso wie die Wertschätzung von Dingen häufig davon abhängt, wie viel jemand dafür aufgeben musste, so resultiert die Zufriedenheit eigener Betätigung daraus, wie anstrengend und herausfordernd der Weg zum Ergebnis war. Konnten Sie Ihr Bestes geben und an der Aufgabe wachsen, können Sie mit Stolz auf das erreichte Ergebnis und den Weg dorthin zurückblicken. Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein und Selbstachtung wachsen, und die Motivation für anstehende Herausforderungen steigt. Nichts macht zuversichtlicher, als Erfolg zu haben. Eine realistische Zielsetzung ist letztlich nicht nur Voraussetzung für die Zielerreichung und unter gegebenen Rahmenbedingungen für optimale Ergebnisse, sondern nebenbei auch Motor für persönliches Wachstum in einer Aufwärtsspirale.

3. Terminierung

Eine Aufgabe nimmt immer so viel Zeit in Anspruch, wie zur Verfügung steht.

Terminieren stellt sicher, dass Projekte auch abgeschlossen werden.

Zu jeder Zieldefinition gehört ein konkreter Termin, bis zu dem die Aufgabe oder Zielstellung realisiert ist. Nur so wird die Sache angepackt, vorangetrieben und der innere Schweinehund mitsamt seiner „Aufschieberitis“ überwunden. Zwar sorgt die wachsende Projektkultur mit knappsten Terminvorgaben – so genannten „Deadlines“ – für permanenten Stress unter Mitarbeitern. Auf der anderen Seite zeigt sich jedoch, dass die meisten Aufgaben und Ziele doch irgendwie immer in der gegebenen Zeit realisiert werden können. Je näher die Deadline rückt, umso effizienter wird in der Regel gearbeitet. Je knapper die Zeit, umso eher verzichtet man auf Kleinigkeiten und Details, die mehr Zeit kosten als Nutzen bieten.

Natürlich muss die Terminierung auch hier realistisch sein. Voraussetzung ist aber, dass überhaupt ein Terminziel besteht, an dem die Aufgabe oder das Projekt fertig gestellt sein müssen. Ohne Termin bleibt das Ziel in der Regel ein Wunsch, dessen Realisierung sich permanent nach hinten verschiebt.

4. Messbarkeit

Die Terminierung Ihres Ziels ist ein erster Schritt in Richtung Messbarkeit. In der Regel wird die Zielerreichung jedoch nur sekundär am Termin und primär an anderen qualitativen und quantitativen Faktoren gemessen. Die Identifikation und Formulierung dieser Faktoren sowie die Vorgabe eines konkreten Zielwertes bzw. Zielzustands ist eine wesentliche Aufgabe bei der Zieldefinition. Ziele müssen konkret messbar formuliert sein, sonst haben Sie keine Chance zu überprüfen, ob und wann das Ziel erreicht wurde.

Ungünstige und günstige Zielformulierungen

Ungünstige Zielformulierungen sind „Ich will Karriere machen“, „Ich will weniger rauchen“ oder „Ich möchte mehr Zeit mit Martina verbringen“. Richtig sind konkrete Zielformulierungen wie „Ich will meine Zwischenprüfung mit 2,0 abschließen“, „Ich rauche nur noch fünf Zigaretten am Tag“ oder „Ich möchte jeden ersten Montag im Monat mit Martina verbringen“.

5. Positive Formulierung

„Es ist ein großer Unterschied, ob wir spielen, um nicht zu verlieren, oder ob wir spielen, um zu gewinnen.“

BODO SCHÄFER

Bewusstsein auf erfreulichen Zustand lenken

Die Einstellung macht den Unterschied. Die Zielformulierung muss deshalb positiv abgefasst sein, also ohne negative Wörter wie „nicht“, „kein“, „weniger“ und so weiter. Derartige Formulierungen lenken das Bewusstsein auf den negativen Umstand, statt es auf einen positiven Zielzustand zu fokussieren und positive Energie freizusetzen.

Statt „Ich will weniger rauchen“ formulieren Sie Ihr Ziel in der Art: „Als Nichtraucher führe ich ein gesundes Leben und fühle mich fit.“ Diese zweite Formulierung lenkt das Bewusstsein auf den erfreulichen Zustand eines Nichtrauchers, während der erste Versuch eher ein negatives Zwang- und Schuldgefühl im Format „Ich rauche – das ist schlecht. Ich muss damit aufhören“ erzeugt.

6. Aktive Formulierung

Neben einer positiven Formulierung ist bei der Zieldefinition insbesondere auf eine aktive Beschreibung des Ziels bzw. der Maßnahmen zu achten. Dies erhöht die Verbindlichkeit und fördert das Anpacken der Aufgabe. Statt einer Formulierung nach dem Schema „SAP-HR wird eingeführt“ oder „Einführung SAP-HR“ verwenden Sie aktive Formulierungen wie „Einführen von SAP-HR“. Eine gute aktive Formulierung macht klar, dass Sie Maßnahmen zur Realisierung in Angriff nehmen müssen und nicht passiv auf das Eintreten des Zielzustands warten können.

7. Verantwortungszuweisung

Klare Verantwortlichkeiten erhöhen die Verbindlichkeit

Der nächste Schritt nach einer aktiven und positiven Formulierung ist das Einbinden der Verantwortung in die Zieldefinition. Die Zieldefinition soll klar werden lassen, wer konkret für die Zielerreichung zuständig ist. Die Verantwortlichen sollen sich darüber hinaus konkret angesprochen und tatsächlich für die Realisierung und alle dazu notwendigen Maßnahmen verantwortlich fühlen. Die Zieldefinition „Einführen von SAP-HR“ können Sie somit erweitern zu „Einführen von SAP-HR durch die IT-Abteilung bis zum 31.12. dieses Jahres“. Ebenso erzeugt die Formulierung eines persönlichen Ziels „Website Segelverein“ in der Form „Ich erstelle die Website für unseren Segelverein bis zum Jahresende“ eine deutlichere Identifikation mit der Aufgabe und dem Ziel.

8. Visualisierung

Die Zielerreichung erfolgt in der Regel umso effizienter, je höher die motivatorische Kraft in der Zielformulierung ist. Eine schriftliche, realistische, aktive und positive Zielformulierung ist eine essenzielle Grundlage für die gewünschte Motivierung der Beteiligten. Ein bemerkenswerter Effekt lässt sich darüber hinaus erreichen, wenn Sie das Ziel bzw. den Zielzustand so konkret wie möglich visualisieren.

Je konkreter und klarer die Vorstellung vom Ziel, umso höher die motivatorische Kraft des Ziels.

Diese Visualisierung kann entweder tatsächlich in Bildform erfolgen, oder aber auch in geschickter Formulierung des Ziels als Zielzustand. Zum Beispiel so: Statt „Ich möchte der Jahrgangsbeste werden“ formulieren Sie das Ziel so, als ob Sie es bereits erreicht hätten: „Ich bin der Jahrgangsbeste“. Statt „Ich möchte mit 40 ein Haus am See haben“ heißt es dann „Ich bin 40 und habe ein Haus am See“.

Je konkreter die Vorstellung vom Zielzustand, umso klarer halten Sie sich das Ziel jederzeit vor Augen. Je klarer die Vorstellung, umso greifbarer das Ziel. Je greifbarer das Ziel, umso höher die Motivation, die letzten Schritte zu diesem Ziel in Angriff zu nehmen. Das Ziel scheint nicht mehr so weit entfernt, wird realistischer. Je realistischer und konkreter es sich abzeichnet, umso mehr Energie wird für die Zielerreichung freigesetzt und aufgewendet.

Wünsche konkret visualisieren

Aus diesem Grund empfiehlt es sich, gerade materielle Ziele so konkret, detailliert und ausgeschmückt wie möglich zu visualisieren. Wenn Sie für ein Auto sparen und zum Beispiel unbedingt ein bestimmtes Cabrio Ihr Eigen nennen wollen, stellen Sie sich ein Bild von diesem Wagen auf den Schreibtisch und stecken Sie ein Bild davon in Ihre Geldbörse. Wie soll das Haus am See konkret aussehen? Machen Sie sich einen Plan. Wo soll die Terrasse hin, wie sieht es aus, wenn die Sonne ins Wohnzimmer fällt? Stellen Sie sich vor, wie das Boot am Bootssteg befestigt ist und im Wind schaukelt. Planen Sie den Kamin – gehen Sie in einen Baumarkt und schauen Sie sich nach einem Wunschmodell um. Stellen Sie sich vor, wie Sie im Winter mit einem Glas Rotwein davor sitzen und guter Musik lauschen. Solche plakativen Vorstellungen verstärken den Wunsch, konkretisieren das Ziel und setzen unglaublich viel Energie und Motivation frei.

Wenn Sie wissen, wo Sie hinwollen und wie es dort aussieht, fühlen Sie tief in sich den Wunsch, sofort loszulaufen. Die konkrete Vorstellung und die Begeisterung sind Ihr Motor! Stellen Sie sich wie ein Marathonläufer das Ziel vor, das unbeschreibliche Gefühl, durch das Ziel zu laufen. Das gibt Kraft, auch zwischenzeitliche Schwächen und Probleme zu überwinden. Sie wissen, wo Sie hinwollen. Sie haben Ihr Ziel visualisiert und motivierend vor Augen!

Tabelle 1: Richtige und falsche Zielformulierungen

Falsche Zielformulierung Richtige Zielformulierung
„Wir wollen die Prozesse im Unternehmen verbessern.“ „Zum Jahresende liegt die durchschnittliche Fehlerrate in der Produktion unter 5 %.“
„Wir müssen kundenfreundlicher werden.“ „Wir führen bis zum 1. Juli ein System fester Kundenbetreuer sowie kostenlose Service-Rufnummern ein. Der Erfolg wird durch eine jährliche Kundenzufriedenheits-Befragung evaluiert.“
„Ich will mehr lesen.“ „Im Sommerurlaub werde ich die Bücher ‚Soft Skills für Young Professionals’ und ‚Omnisophie’ lesen.“
„Mehr Zeit mit meinen Freunden verbringen.“ „Ich treffen mich jeden Montag mit Gordon, Toni und Sebastian in der Lykia-Bar zum Kartenspielen.“
„Ich ernähre mich gesund.“ „Ich mache jeden Sonntagmorgen einen Obstsalat und frisch gepressten Orangensaft für das Familienfrühstück.“

Zielbildung und Strukturierung

Von der langfristigen Vision zum Ziel für den Tag

Bei der Auseinandersetzung mit Zielen gilt es, sich die Hierarchie von Zielen zu verdeutlichen. Eine – im Folgenden erarbeitete – Lebensvision stellt zwar eine grobe Orientierung dar, bietet jedoch eine zu geringe Konkretisierung und Verbindlichkeit, um tägliche Aktivitäten daran auszurichten. Langfristige Ziele und Visionen sind wichtig, um dem Leben Sinn und Richtung zu geben, aber weniger geeignet, um im Jetzt und Hier wirklich Aktionen anzustoßen. Aus diesem Grund ist es erforderlich, Ziele von einem langfristigen Zeithorizont auf mittelfristige Zielstellungen bis hin zur kurzfristigen Zielvorgabe herunterzubrechen.

Natürlich gibt es für Ihre Ziele und Zeitplanung unterschiedliche Zeithorizonte. Deshalb macht es Sinn, langfristige Ziele auf mittelund kurzfristige Ziele herunterzubrechen. Eine solche Zielhierarchie kann dann wie folgt aussehen:

1. Lebensziele 5. Quartalsziele
2. Fünfjahresziele 6. Monatsziele
3. Zehnjahresziele 7. Wochenziele
4. Jahresziele 8. Tagesziele

Was möchten Sie im Laufe Ihres Lebens erreichen? Was möchten Sie in den nächsten zehn Jahren erreichen? Was in den nächsten fünf Jahren? Was müssen Sie dafür im Laufe des nächsten Jahres machen?

Zeitpunktund zeitraumbezogene Ziele

Grundsätzlich lassen sich bei der Betrachtung des Zeitaspektes zeitpunkt- und zeitraumbezogene Ziele unterscheiden. Ein zeitpunktbezogenes Ziel sieht vor, dass die Zielerreichung zu einem bestimmten Zeitpunkt gewährleistet ist, zum Beispiel zum Jahresende ein Körpergewicht von 75 kg auf die Waage zu bringen. Ein zeitraumbezogenes Ziel verlangt hingegen die permanente Zielerreichung innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums, so zum Beispiel der Wunsch, im gesamten Jahresablauf das Körpergewicht im Bereich von 75 bis 80 kg zu halten.

Typisierung und Ausgewogenheit von Zielen

Die Gesamtheit Ihrer Ziele muss ausgewogen sein

Neben der Unterscheidung nach ihrem zeitlichen Horizont lassen sich Ziele auch nach anderen Perspektiven typisieren. Eine solche Typisierung ist sinnvoll, da Sie erst dadurch erkennen können, wenn alle Ihre Zielstellungen in nur eine bestimmte Richtung tendieren. Das können Sie zwar als „konsequent“ bezeichnen, eine zu einseitige Ausrichtung aller Ziele ist im Sinne einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung erfahrungsgemäß aber eher problematisch (Kapitel 3.1.).

Besteht das persönliche Zielsystem hauptsächlich aus materiellen Zielen, stellen sich früher oder später Konflikte und Zweifel über den Sinn alles Zielstrebens ein. Da nach Maslow Bedürfnisse grundsätzlich unbegrenzt sind, lässt sich hier nie eine vollständige Zufriedenheit erreichen. Zudem stellt sich früher oder später Frustration ein, weil der reine Materialismus natürlich nicht glücklich macht. Gefragt ist also ein ausbalanciertes persönliches Zielsystem, das Elemente möglichst verschiedener Zieltypen enthält. So lässt sich mit einem ausgewogenen Konzept von materiellen und immateriellen Zielen, zum Beispiel ein bestimmtes Wohnumfeld, Auto, Hobby, die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen, geistiges Wachstum, Gesundheit und Sport, Kultur oder Kreativität, viel eher ein Zustand des Glücks realisieren. Ist alles Handeln nur auf das Erarbeiten der „ersten Million“ ausgerichtet und bleiben andere Zielbereiche auf dem Papier und im praktischen Leben leer, fehlt ein ausgewogener Zielmix im Sinne eines ganzheitlichen Lebenskonzepts (Kapitel 2.1.).

Je größer das individuelle Zielbündel wird, umso wichtiger ist, dass Sie eine Priorisierung vornehmen. Dieses Thema fällt schwerpunktmäßig in den Bereich des persönlichen Zeitmanagements, zu dem Sie im Weiteren detaillierte Informationen erhalten.

Erkennen und Umgehen mit Zielkonflikten

Komplementäre Ziele

Einen möglichst ausgewogenen Zielmix zu finden, kann schwieriger als erwartet sein. In der Praxis treten regelmäßig Zielkonflikte auf, die es im Vorfeld zu erkennen und möglichst zu umgehen gilt. Im Idealfall handelt es sich bei allen Zielen um komplementäre Ziele, das heißt, eine höhere Zielerreichung des Ziels A führt automatisch zu einer höheren Zielerreichung des Ziels B. Ein Beispiel dafür kann verallgemeinert „Gesünder ernähren und dadurch Abnehmen“ sein. Im täglichen Leben ist dieser Idealfall leider relativ selten anzutreffen – an der Tagesordnung sind häufig eher Zielkonflikte.

Konkurrierende Ziele

In diesen Bereich fallen konkurrierende Ziele. Eine Zielkonkurrenz liegt vor, wenn eine erhöhte Zielerreichung von A zu einem geringeren Zielerreichungsgrad des Ziels B führt. So lässt sich in der Regel der Vorsatz, mehr Biokost in Naturkostläden zu kaufen, kaum mit dem Ziel in Einklang bringen, weniger Geld für die monatlichen Lebensmittel auszugeben.

Zielantinomie und Zielindifferenz

Problematisch sind Zustände der Zielantinomie, bei denen die Zielerreichung von A die Zielerreichung von B ausschließt. Ein Beispiel: So widersprechen sich die Zielstellungen, sich vermehrt und regelmäßiger telefonisch bei Freunden und Verwandten zur Kontakterhaltung und -pflege zu melden, gleichzeitig aber die Telefonrechnung innerhalb der nächsten 6 Monate zu halbieren. Zielindifferenz dagegen liegt vor, wenn sich die Ziele A und B in ihrer Zielerreichung nicht beeinflussen. So besteht zwischen der Naturkost und der Telefonrechnung weder ein Konflikt noch ein Zusammenhang.

Lebensvision und Mission Statement

„Um wirklich glücklich zu sein, muss man eine Aufgabe und eine große Hoffnung haben.“

RICARDA HUCH

Eine große Aufgabe schafft Sinn für das persönliche Leben

Eine der wichtigsten Aufgaben im Rahmen einer gezielten und ausgewogenen Persönlichkeitsentwicklung ist das Formulieren einer Lebensvision. Die Amerikaner nennen eine solche Vision auch „Mission Statement“. Ihre Lebensvision, Ihr Mission Statement ist essenziell. Das Zitat „Kein Wind ist demjenigen günstig, der nicht weiß, wohin er segeln will“ zu Beginn des Kapitels 1.2. veranschaulicht die Bedeutung einer solchen Richtungsvorgabe und Orientierung so treffend, dass es an dieser Stelle noch einmal erinnert sei.