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Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Einführung: Fühlen Sie sich lebendig begraben?
Entscheidungsmanagement
Die 1. Entscheidung: Das Wichtige machen; nicht auf das Dringende reagieren
Die 2. Entscheidung: Außergewöhnlich werden; uns nicht mit Mittelmaß zufriedengeben
Aufmerksamkeitsmanagement
Die 3. Entscheidung: Die großen Steine planen; nicht die kleinen sortieren
Die 4. Entscheidung: Die Technologie beherrschen; uns nicht von ihr beherrschen lassen
Energiemanagement
Die 5. Entscheidung: Unser Feuer bewahren; nicht ausbrennen
Fazit: Ihr außergewöhnliches Leben
Bonusabschnitt: Die Q2-Führungskraft
Was Führungskräfte tun können
Wie Sie in Ihrer Organisation eine Q2-Kultur schaffen
Anhang 1
Anhang A: Die Top 25 des E-Mail-Schreibens
Anhang B: Wichtige Modelle
Anhang 2
Danksagungen
Über die Autoren
Über FranklinCovey
Über FranklinCovey im deutschsprachigen Raum
Impressum
Anmerkungen
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Einführung: Fühlen Sie sich lebendig begraben?

Jan schlug erschrocken die Augen auf, als das Flugzeug unter ihm erzitterte. Er schaute sich um und begriff, dass es sich nur um Turbulenzen handelte … und dass er wieder einmal geschlafen hatte.

Es war ihm während der letzten Stunde nur mit äußerster Willensanstrengung gelungen, sich halbwegs wach zu halten, um weiter an seinen Notizen zu arbeiten. »Ich sollte überhaupt nicht in diesem Flugzeug sitzen«, dachte er ärgerlich. »Ich sollte zu Hause bei Katrina sein!« Sie hatten erst vor wenigen Monaten geheiratet und waren gerade dabei, in ihr neues Zuhause umzuziehen. Diese Reise war unerwartet dazwischengekommen. Das hätte in keinem schlechteren Augenblick geschehen können. Katrina hatte sich einige Zeit freigenommen, um den Umzug zu organisieren, und auch er hatte Urlaub nehmen wollen, aber nun brauchte plötzlich ein wichtiger Firmenkunde technische Notfallhilfe, und er war dafür am besten geeignet. »Wenigstens bekomme ich jetzt mal keine Nachrichten«, grummelte er. »Wenigstens diesen Vorteil hat so ein Nachtflug.«

Als er sich in seinem engen, muffigen Mittelsitz zurücklehnte, wanderten seine Gedanken zu den letzten Wochen, in denen eine Krise die nächste gejagt hatte. Als einer der führenden Entwickler eines kleinen, aber wachsenden Softwareunternehmens war er ständig in Hektik. Vor Kurzem erst waren ihm zusätzliche Führungsaufgaben übertragen worden, sodass er jetzt noch mehr Mitarbeiter zufriedenstellen musste. Wenn die Vertriebsabteilung ihn gerade einmal nicht brauchte, tauchte mit Sicherheit ein Problem in der Entwicklungsabteilung auf. Es gab so vieles zu entscheiden! Per E-Mail, Messenger und SMS erreichten ihn ständig Fragen, die anscheinend nur er beantworten konnte. Das Leben fühlte sich für ihn so beklemmend an wie sein unbequemer Mittelsitz, und es wurde von Tag zu Tag schlimmer.

Vor zwei Jahren, als er den Job übernommen hatte, war er von dem Unternehmen und seinen Zukunftsaussichten ganz begeistert gewesen. Die Produkte gefielen ihm, und die Programmiertätigkeit war genau das, was ihm Spaß machte. Mit Katrinas und seinem Gehalt konnten sie anfangen, sich nach einem Zuhause umzuschauen und vielleicht eine Familie zu gründen. »Aber wenn das so weitergeht«, dachte er jetzt, »verbringen wir kaum genug Zeit miteinander, um gemeinsam Kinder großzuziehen, geschweige denn, sie erst einmal in die Welt zu setzen!«

Auch Katrina war von ihrem Job stark in Anspruch genommen. Sie arbeitete im Einzelhandel, managte mehrere Boutiquen. Weil die Geschäfte abends lange geöffnet hatten, kam sie für gewöhnlich erst spät nach Hause. Und auch dort wartete häufig noch Arbeit auf sie – Arbeitspläne ändern, wenn sich jemand krankmeldete, den Lagerbestand überprüfen und so weiter.

Als sich Jan all diese Dinge durch den Kopf gehen ließ, überkam ihn ein Gefühl, das er so noch nicht kannte – Verzweiflung. »Wird das immer so weitergehen?«, fragte er sich.

Kommt Ihnen das bekannt vor?

Auch wenn die Beschreibung nicht eins zu eins auf Ihre Situation passt, vermuten wir doch stark, dass Ihnen einiges davon vertraut ist.

Als Sie dieses Buch zur Hand genommen haben, geschah das vermutlich aus einem von zwei Gründen.

1. Sie suchen nach neuen Ideen, wie Sie Ihre Produktivität steigern können. Sie kommen eigentlich mit Ihrer Situation ganz gut zurecht, sehen aber Raum für Verbesserungen. Sie möchten besser mit Ihrer Zeit haushalten, um mehr aus Ihrem Tag herauszuholen. Sie wollen mehr erreichen, beruflich vorankommen, mehr Zeit für die Menschen haben, die Ihnen wichtig sind, oder sich besonderen Zielen widmen.

2. Sie sind am Ende Ihrer Kräfte und wünschen sich echte Hilfe. Ähnlich wie Jan rackern Sie sich ab, um der ständig wachsenden Flut von Aufgaben und Entscheidungen Herr zu werden, die täglich über Sie hereinbrechen. Sie fühlen sich unausgeglichen und vermissen Zeit für sich selbst. Sie spüren, dass Ihre Gesundheit und Ihre Beziehungen zu kurz kommen und dass Sie sich schon glücklich schätzen, wenn Sie den Tag einigermaßen überstehen. Sie wissen: Wenn sich nicht bald etwas ändert, werden Sie irgendwann aus der Haut fahren oder zusammenbrechen.

Wenn eine der beiden Beschreibungen auf Sie zutrifft oder Sie sich irgendwo dazwischen wiederfinden, sind Sie damit nicht allein. Unserer Erfahrung nach fühlen sich immer mehr Menschen vom Alltag überfordert. Sie sehen durchaus Chancen, die verlockend sein können, aber zugleich fühlen sie sich erschlagen; sie hetzen von einer Aufgabe zur nächsten und versuchen, irgendwie weiterzukommen – fürchten jedoch gleichzeitig, abgehängt zu werden. Und das verursacht Druck. Manchen kommt es so vor, als nähme dieser Druck umso mehr zu, je mehr sie sich anstrengten. Die Flut an Aufgaben, Terminen, Pflichten und Verantwortlichkeiten scheint niemals abzureißen. Bisweilen fühlt es sich für sie an, als regnete ein Berg von Kieseln unablässig auf sie herab und drohe sie lebendig zu begraben.

Mit diesem Buch möchten wir Ihnen dabei helfen, sich von dieser Last zu befreien, damit Sie wieder Luft schöpfen und die Freude am Leben zurückgewinnen können. Wir tun dies, indem wir Ihnen die Prinzipien, Vorgehensweisen und Werkzeuge an die Hand geben, mit denen Sie selbst das Gleichgewicht wiederherstellen können – um der nicht abreißenden Flut der auf Sie einstürzenden Dinge endlich Herr zu werden. Erwarten Sie keine schnell wirkenden Zauberformeln. Sie müssen auch Ihren Teil beitragen, aber jedes Kapitel bietet eine Fülle von einfachen und zugleich mächtigen Instrumenten und Anregungen, die Sie unmittelbar umsetzen und mit deren Hilfe Sie Ihr Leben entscheidend verbessern können.

Sobald Sie damit beginnen, unsere Empfehlungen eine nach der anderen in die Tat umzusetzen, werden Sie merken, wie sich mehr Gleichgewicht einstellt. Sie werden spüren, wie der Druck nachlässt, und sich zunehmend produktiver und zufriedener fühlen. Sie werden einen klaren Blick entwickeln für das, was wichtig ist, und Sie werden jeden Tag mit dem bestätigenden Gefühl einschlafen, etwas geleistet zu haben.

Das Produktivitätsparadox

Niemals in der Geschichte der Menschheit war es einfacher, große Dinge zu vollbringen. Und das verdanken wir zu einem wesentlichen Teil der technologischen Entwicklung und dem durch sie bewirkten Produktivitätszuwachs.

Die moderne Kommunikationstechnologie ermöglicht einem Kind in Bangladesch, von den besten Lehrern auf diesem Planeten Algebra zu lernen. Menschen aus den entferntesten Winkeln der Erde können sich in Echtzeit ins Gesicht schauen und miteinander kommunizieren und kooperieren. Wir haben Zugang zu den größten Bücherschätzen der Welt und können unsere eigenen Gedanken mit jedem beliebigen Menschen teilen. Mithilfe der modernen Technologie können wir heute neue Heilungsverfahren entwickeln, das menschliche Genom entschlüsseln, Regierungen stürzen, Staatsgeheimnisse aufdecken und die Korruption bekämpfen.

Je enger das Kommunikationsnetz, je leistungsfähiger die Computer und je raffinierter und besser tragbar die Geräte sind, mit denen sich so ziemlich alles von der Hauttemperatur bis zu unserer Durchblutung messen lässt, desto enger wird unser Leben und Denken mit den verwendeten Technologien verknüpft sein. Und die Revolution hat gerade erst begonnen.

Manchmal sind es jedoch genau diese Technologien, die es uns schwerer machen denn je, das zu leisten und zu erreichen, was uns am meisten am Herzen liegt.

Das Produktivitätsparadox

Es ist gleichzeitig einfacher und schwieriger als jemals zuvor, außergewöhnlich produktiv zu sein und das Gefühl zu haben, im Leben etwas zu erreichen.

Der Strom an Informationen, mit dem uns die moderne Kommunikationstechnologie überschüttet, nimmt unsere Aufmerksamkeit dermaßen in Anspruch, dass uns kaum mehr Zeit und Kraft für die wichtigen Dinge bleibt. Die Technologie gestattet es so ziemlich jeder Person irgendwo auf der Welt, unsere digitalen Postfächer mit allem Erdenklichen zu füllen. Sie zwingt uns dazu, in irgendeiner Form zu reagieren, und sei es nur, dass wir Nein sagen. Wir ertrinken förmlich in der Flut dessen, was täglich auf uns einströmt und uns genau jene Kraft raubt, die wir eigentlich in wertvollere Aktivitäten investieren könnten. Oft schrauben wir dann unsere Erfolgserwartungen zurück und sind schon zufrieden, wenn wir das vorgegebene Pensum leidlich bewältigen, auch wenn dabei die eigentlich wichtigen Dinge, die uns das Gefühl geben können, Außergewöhnliches zu leisten, auf der Strecke bleiben.

Unsere technologiegetriebene, hochgetaktete Arbeitswelt frisst sich in einem solchen Ausmaß in unser Leben, dass sich die Menschen so ausgeliefert und überfordert fühlen wie niemals zuvor. Es kommt ihnen vor, als erstickten sie unter Aufgaben, denen sie sich immer weniger gewachsen fühlen. Sie empfinden Unruhe und Angst und fühlen sich von der Arbeit ebenso gestresst wie von der arbeitsfreien Zeit. Es ist ein semipermanenter Zustand der Nervosität, der unser ganzes Menschsein durchdringt und uns Zuversicht und Freude raubt. Das ist der Preis, den das Produktivitätsparadox so vielen Menschen abverlangt – und das gilt ganz besonders für jene, die nicht wissen, wie sie das Paradox zähmen und zu ihrem Vorteil nutzen können.

Das Produktivitätsparadox setzt sich im Wesentlichen aus drei Herausforderungen zusammen.

Herausforderung 1: Wir treffen mehr Entscheidungen denn je

Im Zuge der Industrialisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts ermöglichte die Automatisierung der Arbeit gewaltige Produktivitätssteigerungen. Die Arbeit wurde in monotone Fließbandhandgriffe zerlegt, die praktisch jeder verrichten konnte. Das befähigte Unternehmen und Staaten, Güter in ganz anderen Mengen herzustellen. Diesem Produktivitätszuwachs verdankte das 20. Jahrhundert seinen Wohlstand.

Im 21. Jahrhundert jedoch bewegt sich die Wertschöpfung weg von der manuellen Montagetätigkeit und hin zur kreativen, geistigen Tätigkeit. Es geht um das Entwerfen, Konstruieren und Vermarkten komplexer Produkte, Dienstleistungen und Prozesse wie beispielsweise Software oder hoch entwickelter medizinischer Geräte. Ökonomischer Wert ist zunehmend das Produkt mentaler Tätigkeiten, die durch eine hohe Entscheidungsdichte gekennzeichnet sind.

Die Herausforderung in Sachen Produktivität besteht darin, dass die Menge an Entscheidungen, die wir im Rahmen unserer Tätigkeit zu treffen haben, uns schier erstickt. Und weil die meisten Menschen strebsam und fleißig sind, versuchen sie, dieser Flut Herr zu werden. Sie tun dies, indem sie die anstehenden Entscheidungen eine nach der anderen abzuarbeiten versuchen – streng nach Reihenfolge und so gut es irgendwie geht. So entsteht eine moderne Form der Fließbandtätigkeit.

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Das Problem ist jedoch, dass sich wertschöpfende Entscheidungen keiner vorhersehbaren, linearen Ordnung fügen. Wenn wir nicht aufpassen, übersehen wir sie entweder komplett oder wir handeln sie nebenbei und ohne die nötige Sorgfalt ab. Der Versuch, einer nichtlinearen Wirklichkeit mit linearen Mitteln beizukommen, ist zum Scheitern verurteilt. Wir steigern unsere Produktivität nicht dadurch, dass wir lediglich die Ärmel hochkrempeln und einen Zahn zulegen – echten Wert wird in unserer Welt nur derjenige schaffen, der es versteht, einen Schritt zurückzutreten, Prioritäten zu setzen und in Fragen, die wirklich ergebnisrelevant sind, optimale Entscheidungen zu treffen.

Eine im Harvard Business Review erschienene Studie kam zu dem Ergebnis, dass Spitzenkräfte in wenig komplexen Berufen mit geringem Entscheidungsbedarf (beispielsweise in einem Fastfood-Restaurant) dreimal so produktiv waren wie ihre schwächsten Kollegen. In Jobs mit mittlerem Komplexitätsgrad waren die Spitzenkräfte (beispielsweise Produktionsarbeiter in einer Hightech-Fabrik) bereits zwölfmal so produktiv. In hochkomplexen Berufen jedoch, wo alles von den richtigen Entscheidungen abhängt (beispielsweise Programmierer oder Partner in einer Investmentbank) waren die Unterschiede zwischen den Spitzenkräften und ihren schwächsten Kollegen so gewaltig, dass sie sich gar nicht mehr beziffern ließen.1

Denken Sie an Ihre eigene Tätigkeit. Fühlt sie sich nicht ziemlich komplex an? Gibt es Bereiche, in denen alles von den richtigen Entscheidungen abhängt? Können Sie diesen Entscheidungen ausreichend Zeit und Energie widmen, um sie in Ruhe und mit Sorgfalt zu treffen?

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Herausforderung 2: Unsere Aufmerksamkeit steht unter noch nie dagewesenem Dauerbeschuss

Wäre die Zahl der Entscheidungen unser einziges Problem, kämen wir damit möglicherweise zurecht. Aber es gibt eine zweite Schwierigkeit: Während wir uns bemühen, die fälligen Entscheidungen zu treffen, wird unsere Aufmerksamkeit ständig von anderen Dingen in Anspruch genommen. Fortlaufend piept und summt es irgendwo, und vor unseren Augen blinken die Werbebanner, mit der Folge, dass wir uns nur schwer auf die eigentlich relevanten Dinge konzentrieren können.

Selbst unser persönliches technologisches Umfeld wird bisweilen zu Feindesland. Wenn Sie jemals etwas Wichtiges im Netz recherchieren wollten und sich eine Dreivierteilstunde und unzählige Klicks später dabei ertappten, wie Sie hirnlose Videos schauten oder Dinge lasen, die für Sie keinerlei Wert hatten, wissen Sie, wie leicht wir uns ablenken lassen, wenn wir nicht ganz genau aufpassen.

Das Marketing versteht es aufs Beste, unser natürliches Zerstreuungsbedürfnis anzusprechen. Denken Sie nur an die zig Millionen Dollar und die ungezählten Arbeitsstunden, die die Firmen investieren, damit wir ihren Fernsehwerbespots 30 Sekunden unserer Aufmerksamkeit schenken. Nicht weniger Aufwand betreiben sie im Internet, wo sie mit ihren blinkenden und tanzenden Anzeigen voller seltsamer Geräusche versuchen, unsere Aufmerksamkeit lange genug zu fesseln, um uns irgendetwas zu verkaufen. Unsere Medienlandschaft, von den Nachrichten über die Werbung bis zum breiten Unterhaltungsangebot, scheint es darauf angelegt zu haben, uns unsere wichtigste mentale Ressource – unsere Aufmerksamkeit – zu stehlen. In Wahrheit geht es dabei um Dollar oder Euro oder Yuan – mit anderen Worten, um sehr viel Geld. Der Anreiz für die Werbetreibenden, uns unsere Aufmerksamkeit zu rauben, und sei es auch nur für einen Augenblick, ist groß.

Sich längere Zeit auf eine Sache zu konzentrieren, fällt jedem schwer – einzelnen Menschen ebenso wie ganzen Organisationen. Das machen schon Formulierungen deutlich wie »Aufmerksamkeit schenken« oder »Aufmerksamkeit zollen«: Aufmerksamkeit ist eine Ressource, die nicht unerschöpflich ist. Es kostet uns Energie, uns auf etwas zu konzentrieren. Und das ist nicht nur im übertragenen Sinne zu verstehen; auch auf der biologisch-neurologischen Ebene erfordert Konzentration Energieeinsatz. Weil Aufmerksamkeit anstrengt, fällt es uns sehr viel leichter, uns von weniger wichtigen Dingen ablenken zu lassen.

In der Summe bedeutet das: Wenn wir nicht aufpassen, schalten wir in den mentalen Autopiloten, der uns von einer Zerstreuung zur nächsten trägt, und verpassen so die Dinge, die wirklich relevant sind und die unseren Tagen, unserem Leben und unseren Beziehungen echten Wert verleihen.

Herausforderung 3: Wir leiden unter einer persönlichen Energiekrise

Inmitten all der erforderlichen Entscheidungen, die über Sie hereinbrechen, und all der Ablenkungen, die um Ihre Aufmerksamkeit buhlen – geht es Ihnen da nicht auch manchmal so, dass Sie nur mit Mühe einen klaren Gedanken fassen können? Fühlen Sie sich fast die ganze Zeit müde und kraftlos? Kommen Sie nur mithilfe von Stimulanzien wie Kaffee oder aufputschenden Energydrinks über den Tag? Sind Sie schon einmal nach einem langen Arbeitstag oder einer Arbeitswoche vor Erschöpfung in eine Lethargie gefallen, die es Ihnen unmöglich machte, sich noch zu irgendetwas aufzuraffen oder am Leben Ihrer Lieben teilzunehmen?

Nur ein bewusst geführtes Leben ist produktiv, und dazu benötigen wir mentale Energie. Aber die Flut von Dingen, die dank der modernen Technologie ständig über uns hereinbrechen, macht uns so schlapp und müde, dass wir, jeder für sich, in unsere eigene Energiekrise schlittern. Es mangelt uns an der mentalen Energie, die es braucht, um klar zu denken, und das ist in einer Welt der Wissensarbeit ein echtes Problem.

Energiemanagement handelt nicht nur von physischer Spannkraft, obwohl auch diese wichtig ist. Hier geht es um die rohe Energie, die es uns überhaupt erst ermöglicht, mentale Arbeit zu verrichten. Und auch das ist nicht nur im übertragenen Sinne gemeint; vielmehr haben wir es hier mit einer biologisch-neurologischen Realität zu tun. Unser Gehirn benötigt bestimmte Dinge, um zu funktionieren, wie Glukose und Sauerstoff, und wie gut das Gehirn mit diesen Stoffen versorgt wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Unsere heute üblichen Arbeitsumgebungen sind jedoch extrem unverträglich für unser Gehirn. Der abgezirkelte Arbeitsplatz, der ausschließlich auf die sitzende Tätigkeit zugeschnitten ist, »verkörpert die Hirnfeindlichkeit par excellence«, stellt der Hirnforscher John Medina fest.2 Das gilt nicht minder für unsere zunehmend komplexen und mental anspruchsvollen Berufe.

Die Folgen des Produktivitätsparadoxes

Diese drei Aspekte des Produktivitätsparadoxes – eine ständige Flut von Entscheidungen, die es zu treffen gilt, die unablässige Inanspruchnahme unserer Aufmerksamkeit und die Belastung, die das für unseren persönlichen Energiehaushalt darstellt – machen sich ganz real darin bemerkbar, wie wir uns bei der Arbeit, zu Hause und im übrigen Leben fühlen.

Wir spüren es täglich, wenn wir erschöpft nach Hause kommen, unsicher, ob wir den Anforderungen gerecht geworden sind, besorgt angesichts all dessen, was unerledigt geblieben ist, und in Furcht vor dem nächsten Tag. Wir fühlen es, wenn wir unser Leben als Ganzes betrachten und feststellen, dass wir wichtige Bereiche vollkommen vernachlässigen, Beziehungen nicht pflegen, Begabungen brachliegen und Interessen verkümmern lassen. Wir merken es, wenn wir an all das denken, was möglich wäre und was wir uns einmal zum Ziel gesetzt hatten – was aber dann liegen geblieben ist, weil wir uns infolge all der Aufgaben und Anforderungen, denen wir uns ständig ausgesetzt sehen, nur noch müde und kraftlos fühlen.

Das alles kommt uns nicht nur so vor; es ist tatsächlich quantifizierbar. Würden Sie es glauben, wenn wir Ihnen Folgendes erzählten – dass in einer Welt, die uns mehr Möglichkeiten denn je bietet, Großartiges zu leisten, 40 Prozent – fast die Hälfte – unserer Zeit, Aufmerksamkeit und Energie in unwichtige und irrelevante Aktivitäten fließen?

Genau das ist es, was eine FranklinCovey-Studie über einen Zeitraum von sechs Jahren zum Vorschein gebracht hat. Die 351.613 Teilnehmer der Studie kamen aus Afrika, dem asiatisch-pazifischen Raum, Europa, Lateinamerika, dem Nahen Osten und Nordamerika. In dieser Studie gaben die Menschen zu Protokoll, dass sie rund 60 Prozent ihrer Zeit mit wichtigen Dingen und rund 40 Prozent mit Dingen verbrachten, die weder für sie noch für ihre Unternehmen von Bedeutung waren.3

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Lassen Sie sich dieses Ergebnis eine Minute lang durch den Kopf gehen. Sie könnten jetzt sagen: »Nun ja, das ist zumindest mehr als die Hälfte!« Aber was würden Sie sagen, wenn Ihr Auto nur die halbe Zeit fahren würde? Wären Sie damit zufrieden? Und was ist mit Ihrem Computer oder Ihrem Handy? Wie würden Sie reagieren, wenn nur jede zweite Lampe in Ihrem Haus funktionieren würde? Oder wenn nur die Hälfte Ihrer Bankeinlagen und Investitionen Rendite abwürfe? Oder wenn Ihre Lieblingsmannschaft nur in halber Mannstärke zum Meisterschaftsspiel anträte? Sie würden Situationen wie diese sicherlich nicht einfach so hinnehmen; warum also geben Sie sich, wenn es um Ihre Zeit geht, mit weniger zufrieden?

Vom Unternehmensstandpunkt aus gesehen bedeutet das, dass nur ungefähr die Hälfte des Geldes, das für Gehälter ausgegeben wird, in Dinge fließt, die dem Unternehmen etwas bedeuten. Für Sie als Führungskraft heißt das, dass Ihr Team seine wichtigsten Ziele lediglich mit etwa halber Kraft verfolgt.

Lassen Sie uns den Blick auf einige Zahlen werfen.

Nehmen wir für einen Augenblick an, Ihr Unternehmen entspräche dem globalen Durchschnitt. Das würde bedeuten, dass ein typischer Beschäftigter in Ihrem Team 2080 Stunden im Jahr oder 40 Stunden in der Woche arbeitet. Wenn Sie darauf die 40-Prozent-Schablone anwenden, ergeben sich 832 Stunden im Jahr, die jeder Mitarbeiter Ihres Teams mit unwichtigen Aktivitäten verbringt. Nehmen wir weiter an, dass Ihr Unternehmen oder Ihr Bereich 500 Mitarbeiter hat, und dass der Stundenlohn der Beschäftigten dieser Einheit über alle Hierarchieebenen gemittelt 50 US-Dollar beträgt. Dann resultiert daraus eine jährliche Verschwendung in Höhe von 20 Millionen US-Dollar.

Unserer Erfahrung nach sind das die größten verborgenen Kosten heutiger Unternehmen. Sie entstehen, weil Mitarbeiter Zeit, Aufmerksamkeit und Energie auf Dinge verwenden, die in keinem Bezug zu den wichtigsten Zielen des Unternehmens stehen.

Das ist kein bloßes Zahlenspiel. Stellen Sie sich vor, was es für das Engagement und die Einsatzbereitschaft eines Mitarbeiters bedeutet, wenn er einen Job tun muss, der zur Hälfte aus unwichtigen Dingen besteht und in dem er ständig durch Nebensächlichkeiten davon abgehalten wird, sich den Dingen zu widmen, in denen er wirklich gut ist und etwas Bedeutendes beitragen könnte.

Hier manifestiert sich das Produktivitätsparadox auf sehr reale Weise. In einer Zeit, die uns mehr denn je die Mittel an die Hand gibt, um Außergewöhnliches zu leisten, scheint es uns zugleich schwerer denn je zu fallen, diese Möglichkeiten tatsächlich zu nutzen. Das betrifft unsere Arbeit, unsere Beziehungen, unser Gefühl der Zufriedenheit und Erfüllung, ja sogar unsere Gesundheit.

Als Ideal schwebt uns keineswegs der Mensch als kleine Effizienzfabrik vor, die immerwährend im Produktionsmodus verweilt und beständig 100 Prozent bringt. Das ist eine fixe Idee aus dem Industriezeitalter, die weder unseren heutigen Vorstellungen von einem ausgewogenen Leben entspricht noch letztlich produktiv wäre. Wir sprechen vielmehr über die Zeit und die Energie, die wir für Dinge zur Verfügung haben, welche für uns und unsere Arbeit relevant sind – Dinge, auf die wir am Ende des Tages zufrieden und erfüllt zurückblicken können. Wäre es nicht wünschenswert, den Anteil der auf diese Dinge verwendeten Zeit und Energie auch nur ein wenig zu steigern? Wie wäre es, wenn Sie in Ihrem persönlichen Fall das Verhältnis auf 70/30 oder 80/20 erhöhen könnten? Wie würde sich das auf Ihre Arbeit und Ihr Leben auswirken?

Stellen Sie sich vor, Sie könnten einige dieser lästigen Dinge loswerden, die Sie ständig davon abhalten, das zu tun, was Sie am besten können, ihre wichtigsten Beziehungen zu pflegen oder sich damit zu beschäftigen, was Ihnen Freude bereitet und Erfüllung bringt.

Wenn Sie wie wir der Überzeugung sind, dass es nichts Wertvolleres gibt als das Leben selbst und die Zeit und die Energie, die wir täglich darauf verwenden, es wahrzunehmen und zu genießen – erscheint es da nicht wünschenswert, mehr von dieser Zeit und Energie auf Dinge zu verwenden, die uns wirklich etwas bedeuten?

Wie sieht außergewöhnliche Produktivität aus?

Wenn wir hier von außergewöhnlicher Produktivität sprechen, heißt das natürlich nicht, dass nun jeder gleich am Freitag den Weltfrieden vermitteln und am Montag den Nobelpreis gewinnen müsste. Was uns vielmehr vorschwebt, ist, dass wir im Leben und im Beruf unser Bestes geben, uns mit unserer ganzen Person einbringen und die Talente und Energien nutzen können, die unsere Einzigartigkeit zu bieten hat. Das heißt in erster Linie, dass wir etwas leisten, mit dem wir zufrieden und auf das wir stolz sein können.

Jetzt sagen Sie sich vielleicht: »Klar, das klingt gut, aber mein Beruf lässt mir wenig Freiheiten. Da muss ich schauen, wie ich zurechtkomme.« Denken Sie einen Augenblick an den Fastfood-Mitarbeiter aus der zitierten Studie zurück. Stellen Sie sich vor, wie sich seine Arbeit praktisch gestaltet. Es ist eine Tätigkeit von geringer Komplexität und mit klaren Anweisungen, die den Entscheidungsbedarf so weit wie möglich reduzieren, klar vorgeben, worauf in jedem Augenblick zu achten ist, und die Notwendigkeit, sich mental anzustrengen, minimieren. Sie mögen jetzt entgegnen, dass es sich hierbei um die stupideste Tätigkeit handelt, die der Planet heute noch zu bieten hat – eine Tätigkeit, die stark an die alte Form der Fließbandarbeit erinnert. Und damit hätten Sie auch recht.

Aber selbst in diesem Umfeld stellt sich die Frage, wie es sein kann, dass manche Mitarbeiter dreimal so produktiv sind wie andere.

Eine Bekannte von uns bestellte sich in der Imbissecke eines Kaufhauses etwas zu essen. Sie erwartete lediglich ein Sandwich, erlebte dann aber einen Service, den sie niemals vergessen wird.

Als sie mit ihrer Bestellung an der Reihe war, sah sie sich einem jungen Mitarbeiter voller Tattoos und Piercings gegenüber – unter jungen Erwachsenen in Geschäften wie diesem keine Seltenheit. Als er sie aber ansprach, bemerkte sie sofort das überaus freundliche Gesicht und die Aufmerksamkeit, mit der er sich ihrer Bestellung annahm.

Sie sah zu, wie er das Sandwich mit gekonnten Bewegungen zusammenstellte, aus denen sie ablas, dass ihm die Arbeit nicht nur Spaß bereitete, sondern dass er sie bis ins Detail beherrschte – es war fast so, als beobachtete sie die Darbietung eines Tänzers oder bildenden Künstlers. Er hatte seine Handgriffe so gründlich durchdacht und aufeinander abgestimmt, dass er sich mit seinen Fähigkeiten optimal einbringen konnte.

Als er ihr das fertig komponierte Sandwich mit einem aufrichtigen Dankeschön überreichte, ging ihr auf, dass sie keinem Nullachtfünfzehn-Angestellten bei der Fließbandarbeit, sondern einem Menschen bei einem bewussten Gestaltungsprozess zugeschaut hatte.

Worin bestand der Unterschied?

Selbst in diesem streng reglementierten Umfeld gab es jemanden, der sich bewusst gemacht hatte, was ihm unter den Dingen, auf die er Einfluss hatte, am wichtigsten war, um seine Aufmerksamkeit und Energie zukünftig ganz darauf zu konzentrieren. Er tat etwas, ohne das eine optimale Steigerung der Produktivität nicht möglich wäre – er brachte sich mit seiner ganzen Person in seine berufliche Tätigkeit ein. Dadurch wurde seine Arbeit sehr viel produktiver, sie bereitete ihm mehr Freude, brachte ihm mehr Erfüllung und hinterließ bei denen, die er bediente, einen stärkeren Eindruck.

In welchen Augenblicken sind Sie besonders produktiv?

Vergleichen Sie die eben beschriebene Arbeitssituation mit Ihrer eigenen, die vermutlich mehr Raum für eigene Entscheidungen lässt. Wann hatten Sie wie dieser junge Mann das Gefühl, dass Sie besonders produktiv waren? Haben Sie an etwas mitgearbeitet, das Ihnen die Möglichkeit bot, Ihre besten Fähigkeiten unter Beweis zu stellen? Konnten Sie sich mit Ihrer ganzen Person einbringen? Hatten Sie am Ende des Tages das Gefühl, etwas geleistet zu haben?

Was gab es in solchen Situationen für Sie zu entscheiden, und wie gingen Sie dabei vor? Wie gut konnten Sie sich konzentrieren? Gelang es Ihnen, Ablenkungen rasch abzuhandeln und sich weiter auf Ihre Tätigkeit zu konzentrieren? Wie viel Energie verspürten Sie, und wie klar konnten Sie dabei denken?

Wenn wir größeren Gruppen diese Fragen stellen, verraten die Augen der Teilnehmer häufig einen Anflug von Furcht: »Habe ich so etwas überhaupt schon einmal erlebt?«

Fasziniert beobachten wir dann, wie sie ihr Gedächtnis nach solchen positiven Augenblicken durchforsten. Für gewöhnlich sind sie so damit beschäftigt, ihr Programm abzuarbeiten, dass ihnen keine Zeit bleibt, ihre Erfolge wahrzunehmen, geschweige denn zu genießen. Wenn ihnen dann bewusst wird, dass es solche Augenblicke gab, in denen sie Großartiges leisteten, und sie beginnen, sich untereinander über die besten Momente in ihrem Leben auszutauschen, ist die Energie im Raum förmlich mit Händen zu greifen.

Stellen Sie sich vor, Sie könnten jeden Abend auf den erlebten Tag mit dem Gefühl zurückblicken, etwas Wichtiges geleistet zu haben.

Was Sie mit den 5 Entscheidungen gewinnen können

Wir haben dieses Buch geschrieben, weil wir überzeugt sind, dass es jedem Menschen gegeben ist, Außergewöhnliches zu leisten. Jeder Mensch hat die Möglichkeit, sich abends mit dem guten Gefühl schlafen zu legen, dass er den Tag sinnvoll genutzt hat.

Damit uns das gelingt, müssen wir uns jedoch mit den drei Herausforderungen des Produktivitätsparadoxes auseinandersetzen. Wir müssen unsere Fähigkeiten in drei Bereichen verbessern:

• Entscheidungsmanagement

• Aufmerksamkeitsmanagement

• Energiemanagement

Die gute Nachricht lautet: Es gibt 5 Entscheidungen, die wir lediglich konsequent treffen müssen, um das zu erreichen. Diese 5 Entscheidungen basieren auf den zeitlosen Prinzipien der menschlichen Produktivität, die wir und andere von FranklinCovey seit über 30 Jahren lehren. Sie berücksichtigen die neuesten Ergebnisse aus Hirnforschung, Biologie, Technologie und Hochleistungspsychologie. Sie finden ihre zehntausendfache Bestätigung in den Erfahrungsberichten von Menschen, die sie in zahlreichen Situationen und Unternehmen in aller Welt angewendet haben. Die Praxis hat gezeigt, dass sie funktionieren.

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Die Alternative bestünde darin, die neuen Erkenntnisse zu Entscheidungsfindung, Aufmerksamkeit und Energie zu ignorieren und uns auch zukünftig von der Flut der auf uns einströmenden Aufgaben und Anforderungen unterkriegen zu lassen – um weiterhin 40 Prozent unserer Zeit und Energie auf Dinge zu verwenden, die uns wenig oder nichts bedeuten, und zuzulassen, dass andere unser Leben bestimmen, anstatt es selbst in die Hand zu nehmen und am Ende des Tages auf das Erreichte stolz und zufrieden zurückblicken zu können.

Es geht um die Qualität von Arbeit und Leben und um das Gefühl der Erfüllung, das sich einstellt, sobald wir die Möglichkeit haben, etwas zu leisten, zu dem nur wir imstande sind.

ZUSAMMENFASSUNG

• Das Produktivitätsparadox besagt, dass es für uns heute gleichzeitig einfacher und schwerer als jemals zuvor ist, außergewöhnlich produktiv zu sein und ein erfülltes Leben zu führen.

• Die drei wichtigsten Herausforderungen des Produktivitätsparadoxes sind die überwältigende Flut der zu treffenden Entscheidungen, die vielen Ablenkungen, die unsere Aufmerksamkeit in Beschlag nehmen, und das Gefühl der mentalen Erschöpfung und Energielosigkeit.

• Jedem Menschen ist die Möglichkeit gegeben, Außerordentliches zu leisten.

• Jedem von uns bieten sich 5 Entscheidungen, die wir nur konsequent zu treffen brauchen, um dem Chaos zu entkommen und den Tag mit dem Gefühl zu beenden, etwas geleistet zu haben.

Stephen R. Covey gewidmet

Vorwort zur deutschen Ausgabe

Kennen auch Sie das Gefühl, immer höheren Anforderungen mit immer weniger Ressourcen gegenüberzustehen? Wir alle möchten viel bewegen, werden jedoch von ständig wechselnden Aufgabenstellungen darin gebremst, Außergewöhnliches zu leisten. Die digitale Wissensgesellschaft erwartet von uns zugleich exzellente Qualität und ein hohes Arbeitstempo. Wir müssen also umdenken! Um diesen Paradigmenwechsel zu vollziehen, bedarf es klarer und zugleich anwendbarer Prinzipien, an denen wir uns orientieren, um unsere kostbare Zeit, unsere Aufmerksamkeit und Energie mit höherer Wirksamkeit zu nutzen.

Basierend auf den erprobten Managementprinzipien der 7 Wege und den neuesten Erkenntnissen aus der Neurowissenschaft identifizieren die drei FranklinCovey-Autoren Kory Kogon, Adam Merrill und Leena Rinne die »5 Entscheidungen – Prinzipien für außergewöhnliche Produktivität« und eröffnen damit neue Wege zu mehr Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben. Sie vermitteln Werkzeuge, die Ihnen helfen, sich auf das Wichtigste zu fokussieren, anstatt auf Dringendes zu reagieren – ein andauernder Prozess, der seine Zeit braucht und kontinuierlich verinnerlicht werden möchte. Dieses Buch unterstützt Sie dabei, sich im Alltagsdschungel zu orientieren und zu fokussieren, und leitet Sie hin zu einer klaren, produktiven und energiereichen Haltung, beruflich wie privat.

Das FranklinCovey Leadership Institut ergänzt die Lektüre des vorliegenden Buches um Seminare und Trainingsprogramme für den Einzelnen sowie für Organisationen. Dabei sind unterschiedliche Wege möglich, von Online-Learning über trainergeführte Workshops bis hin zu Transformationsprozessen ganzer Organisationen – selbstverständlich immer begleitet durch unsere erfahrenen Berater und Trainer. Darüber hinaus entwickelt FranklinCovey auch maßgeschneiderte Programme zur Führungskräfteentwicklung auf allen Ebenen des Unternehmens vom Topmanagement bis zum Führungsnachwuchs.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Umdenken und bei der Steigerung Ihrer Effektivität durch die »5 Entscheidungen«. Behalten Sie dabei das Ziel im Auge und denken Sie daran: Veränderungen passieren nicht über Nacht. Wenn wir Sie dabei unterstützen können, lassen Sie es uns wissen.

Hans-Dieter Lochmann, President und CEO, FranklinCovey Leadership Institut GmbH, Grünwald Deutschland Schweiz Österreich

info@franklincovey.de, www.franklincovey.de

Entscheidungsmanagement

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Die 1. Entscheidung: Das Wichtige machen; nicht auf das Dringende reagieren

»Die unterlassene bewusste Entscheidung für das Wichtige kommt der unbewussten Entscheidung für das Unwichtige gleich.«

Stephen R. Covey

Cara lag am Morgen im Bett und versuchte, nach der etwas zu kurzen Nachtruhe zu sich zu kommen. Der Wecker rasselte erbarmungslos. Sie wusste, dass ihr etwas Sport guttun würde. Es mangelte ihr auch nicht am guten Willen; sie hatte sich sogar vor dem Zubettgehen die neueste Poweryoga-App heruntergeladen. Sie schaltete den Wecker aus.

Die Aufgaben des bevorstehenden Tages schoben sich in ihr Bewusstsein. Die Frist für ein größeres Projekt lief in Kürze ab. Und dann gab es noch eine Million weiterer Dinge, die auch bedacht sein wollten. Unruhig griff sie nach ihrem Smartphone, um zu schauen, ob neue E-Mails vom Projektteam eingetroffen waren.

»Zur sofortigen Beachtung!« »Wichtige Informationen!« »Muss noch heute geprüft und entschieden werden!«

Von den 30 E-Mails, die eingegangen waren, seitdem sie ihr Telefon am Abend zuvor weggelegt hatte, erschienen ihr viele dringend zu sein. Die Spam-Mails, die auch dazwischen waren, löschte sie sofort. Manche Mails erschlossen sich ihr nicht auf den ersten Blick, und so begann sie damit, sie im Detail zu lesen, um zu sehen, ob es gegebenenfalls etwas zu tun gäbe. Bevor sie sich versah, hatte sie, noch vor dem Aufstehen, 45 Minuten mit der Durchsicht der E-Mails verbracht. »Okay«, seufzte Cara, als ihr klar wurde, dass sie damit die Chance auf das morgendliche Yoga vertan hatte. Womöglich kam sie noch zu spät zur Arbeit, wenn sie sich nicht beeilte.

Sie duschte kurz, legte rasch etwas Make-up auf, überlegte vor ihrem Kleiderschrank, welches Outfit am wenigsten zerknittert war, legte noch schnell ihrem Mitbewohner einen Zettel hin, er möge den Müll wegbringen und auf dem Rückweg etwas Kaffee besorgen, und verließ die Wohnung.

Zehn Minuten später stoppte sie in der Kaffeebar am Bahnhof, um sich ein Brötchen und einen Milchkaffee (besser einen doppelten … oder einen dreifachen?) zu kaufen, und erreichte anschließend gerade noch ihren Zug. Sie sah sich um und fand einen freien Sitzplatz neben einem Mann, der für diese Tageszeit reichlich entspannt aussah. Sie kümmerte sich nicht weiter darum, griff in ihre Tasche und öffnete ihr Tablet.

Sie hatte heute eine wichtige Planungssitzung und musste noch einige Zahlen vorbereiten. Sie hatte es gestern tun wollen, aber dann war eine dringende Anfrage von Karl dazwischengekommen, der ein Talent dafür zu haben schien, sie in den unpassendsten Augenblicken zu stören. Vielleicht hatte er einen Krisenradar, der immer dann anschlug, wenn sie gerade unter Druck stand. Echt! Und letzte Woche hatte er sogar die Dreistigkeit besessen, sie zu fragen, ob sie mit ihm ausginge. Wie bitte? Ist das ein Scherz? Tut mir leid, Karl.

Sie ging ihre Zahlen durch und stellte fest, dass ihr einige wichtige Daten von Kellie fehlten. Sie schrieb ihr rasch eine Kurznachricht: »Brauche diese Lagerbestandslisten bis 9 Uhr. Kannst du sie mir schicken?« Wenige Sekunden später kam Kellies Antwort: »Ich bin dabei!«

»Sehr gut!«, dachte sie. »Kellie ist immer da, wenn man sie braucht. Ich bin froh, sie in meinem Team zu haben. In der Not kann ich mich auf sie verlassen.«

Während sie in ihren Papieren stöberte, warf ihr der Mann neben ihr einen halb amüsierten, halb gelangweilten Blick zu. »Na ja«, dachte sie, »wahrscheinlich hat er ohnehin keinen richtigen Job. Vielleicht ist er Kunstprofessor mit halber Stelle oder so etwas in der Art. Sicherlich niemand, der wichtige Geschäfte zu betreuen hat.« Sie vergrub sich tiefer in ihre Berichte.