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Robert Grünwald,
Marcel Kopper, Marcel Pohl

Die Turbo-Studenten

Die Erfolgsstory:
Bachelor plus Master
in vier statt elf Semestern

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Informationen sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-511-4

Lektorat: Christiane Martin, Köln | www.wortfuchs.de

©2013 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

www.gabal-verlag.de

Inhalt

Vorwort

Provokation »Turbo-Student« – ein Plädoyer für andere Geschwindigkeiten

1. Oberflächlichkeit statt Tiefe?

2. An Bologna scheitern oder das Steuer selbst in die Hand nehmen

3. Veränderte Rahmenbedingungen – neue Geschwindigkeiten des Studierens

4. Schneller studieren heißt anders studieren – Kompetenzgewinn durch höhere Geschwindigkeit

5. Ökonomisierte Bildung: zeit- und aufwandkomprimiertes Studieren

6. Der »industriöse« Turbo-Student oder wir Unternehmer

Von null auf hundert in 20 Monaten oder wie wir zu Turbo-Studenten wurden

7. Wir Versessenen – mit dem Strom und gegen ihn

8. Nicht alle Pläne müssen lange reifen

9. Unsere pragmatischen Ideale

10. Die Gretchenfrage: Nicht was, sondern wie wollen wir studieren?

11. Den Turbo einbauen und die erste Beschleunigungsphase starten

12. Sicher ist sicher: Selfmademen

13. Eingenordet auf Erfolg – unser erstes Zwischenfazit

14. Schneller? Geht noch! Unsere ultimative Beschleunigungsphase

Die ersten Schritte vor dem Studium – Gewinnen durch Strategie

15. Warum so eilig? Vom Sinn und Nutzen eines Turbo-Studiums

16. Möglichst ohne Qual der Wahl: die Studienfachwahl

17. Von den Prioritäten ausgehen: die Wahl der Hochschule

18. Bloß nicht zuerst das Hobby planen: den Studienort aussuchen

We can, we will – Turbo-Studenten und ihre Vorbilder

19. Ohne Genialität geht es auch: Voraussetzungen

20. Ohne biografische Folien geht es nicht: Vorbilder

Vorbereitung ist das A und O – was das Schnellstudieren so mit sich bringt

21. Das Projekt organisieren

22. Unvorhersehbarkeiten einplanen

23. Vorhersehbarkeiten steuern

24. Mit Verzicht leben

Ein echtes Team sein – ein echtes Team werden

25. Die ultimativen Teamkriterien zwischen Psychologie und Chemie

26. An einem Strang ziehen – vom gemeinsamen Arbeiten zum Zusammenarbeiten

27. Teammanagement: Die Basis wird organisiert

28. Einer für alle, und alle … Teamkodex und Teamregeln

29. Planen, planen, planen – Aufbau und Zusammenhalt des Teams

30. Effizienz durch Arbeitsteilung

31. Standleitungen und Informationsflüsse: unsere Kommunikation

32. Arbeiten im gemeinsamen Laboratorium

33. Probleme erkennen, Potenziale erschließen, gruppendynamische Effekte nutzen

34. Wenn Teamwork zum Springerdienst wird

Das Lernen lernen im Team und Beschleunigungstechniken für das Lesen, Lernen und Merken

35. Die richtige Gruppenkonstellation

36. Multisensorisches Lernen – die Lerntypen fruchtbar machen

37. In der Lernwerkstatt

38. Lesemethoden kombinieren: Speed-Reading und Photo-Reading

39. Suchtfaktor Hyperlernen: so gut wie nichts mehr vergessen und auch noch Spaß dabei haben

Lernen ist nicht alles – den Erfolg organisieren

40. Sich selbst organisieren und das Team organisieren – zwei Seiten derselben Medaille

41. Mit voller Kraft voraus: Termin- und Aufgabenmanagement

42. Strategische Organisation oder mehr hilft mehr

43. Partner organisieren oder nach vorne schauen, weil jemand hinter einem steht

44. Vom ABC-Plan zum Prioritätenprinzip nach Pareto

45. Kein Sandwich, sondern ein Strategieplan: die Turbo-Roadmap

46. Arbeitsteilung als Synthese oder unser Zeit- und Terminmanagement im Turbo-Modus

47. Vertrauen ist gut … Controlling-Prinzipien

48. Die Tempoverschärfer: unser Splitting-Hopping-Prinzip

49. Prüfungen planen

Schnell regenerieren – ein paar Patentrezepte für sicheres Durchkommen im Belastungshoch

50. Regeneration statt mit dem Kopf durch die Wand

51. Du bist, was du isst, oder »mens sana in corpore sano«

52. Zerstreuung einstreuen – aus Prinzip

53. Körperliche oder mentale Fitness? Beides!

54. Wir haben keine Freizeit, also tun wir so als ob

55. Schlaf-Timing und Schlaforganisation: Nickerchen oder Turbo-Schlaf

Networking, Socializing, »Kontakten« – wie man vom Gesetz des Gebens und Nehmens profitiert

56. Wozu Netzwerke?

57. Netzwerken als studentisches Basisprogramm

58. Warum schwer, wenn es auch leicht geht? Aktive Kommunikationsbrücken

59. What you give is what you get

60. Unser Dreipunkteplan für proaktives Networking

61. Psychologische Aspekte des Selbstmarketings: den ersten Aufschlag machen

62. Durch Netzwerke wachsen

Krisen sind ganz normaler Alltag

63. Probleme sind Gelegenheiten zu zeigen, was man kann

64. Mit dem Kopf voran und ein bisschen durch die Wand

65. Nach dem Umfallen kommt das Aufstehen

66. »Geht nicht« gibt’s nicht – ein Wochenende aus dem Turbo-Studenten-Alltag

Abschlussarbeiten durchziehen

67. Den Termin setzen und alles andere daraus ableiten

68. Basisstrategien für die Bachelor- und Masterabschlussarbeit

69. In Windeseile und mit methodischem Prinzip: schriftliche Arbeiten und Referate als Gemeinschaftsprojekte

Ein Blick zurück und die Frage: »Wie weiter?«

70. Unsere Erfolgsfaktoren

71. Fachwissen und Sozialkompetenz

72. Unsere Perspektiven

73. Was noch geschehen muss: Forderungen an das Studiensystem von morgen

Literaturliste

Die Autoren

Vorwort

Außergewöhnliche individuelle Leistungen führen nicht immer zu gesellschaftlich breiter Anerkennung oder gar Bewunderung. Wir, die als »die drei Turbo-Studenten« mittlerweile einer breiteren Öffentlichkeit bekannten Autoren dieses Buches, haben im Verlauf einer bis heute anhaltenden Diskussion über unser Blitzstudium genau diese Erfahrung gemacht. Denn unsere persönliche Erfolgsstory – der Bachelor- und Masterabschluss in historischen Rekordzeiten – war das eine. Das andere war die unterschiedliche Bewertung unserer Leistung von öffentlicher Seite, angefangen von Freunden und Kommilitonen über die Lehrkräfte unserer Hochschule bis hin zu den Journalisten und Vertretern der hochschulpolitischen Öffentlichkeit. Während die einen uns schulterklopfend echte Anerkennung zollten, verlegten andere sich auf ungläubiges Staunen oder verständigten sich hinter vorgehaltener Hand darauf, unser Blitzstudium auf eine fragwürdige akademische Leistung herabzustufen oder zu skandalisieren, ja uns sogar der Schummelei und des Betrugs zu verdächtigen.

In einer solchen Weise polarisiert wird häufig dann, wenn jemand etwas vollständig anders macht als allgemein üblich und erwartet. In unserem Fall war das genauso: Wir hatten mit unserer Ausnahmeleistung, einem bislang unüblichen akademischen Empowerment, für Irritation gesorgt und damit einen Präzedenzfall für das Studieren in Maximalgeschwindigkeit geschaffen. Kontrovers diskutiert werden musste deshalb, was mit unserer Story eigentlich vorlag: ein Betriebsunfall im eingeschliffenen Studiensystem oder doch eher eine zukunftsweisende Neuerung, eine anschlussfähige Pionierleistung?

Im Juli und Dezember des Jahres 2012 haben sich die bundesdeutsche Rechtsprechung und die private Hochschule FOM Dortmund, an der wir studiert hatten, schließlich darauf geeinigt, unser akademisches Überfliegerstudium nicht durch das Erlassen von Studiengebühren zu honorieren. Weil wir schneller studiert und entsprechend weniger Leistungen unserer Hochschule in Anspruch genommen hatten, so unsere ursprüngliche Schlussfolgerung, wären wir auch berechtigt, die Kündigungsklausel im Vertrag in Anspruch zu nehmen und die Ratenzahlungen für das Studium einzustellen – schließlich hatten wir auch früher Platz für weitere Hochschulabsolventen gemacht. Was logisch klang und bis heute erscheint, muss nicht bedeuten, dass andere diese Logik teilen. Das seit Dezember 2012 rechtskräftige Urteil hielt unsere Entscheidung zur Einstellung beziehungsweise Anpassung der Studiengebühren für unrechtmäßig. Das besagt nun nichts anderes, als dass sich das Schnellstudieren im derzeitigen Studiensystem nicht ohne Weiteres auch finanziell bezahlt macht. Zugespitzter formuliert: Wer schneller studiert, wird nicht automatisch belohnt. Ihm kann es vielmehr passieren, dass er mit Nachzahlungen bestraft wird. Das Resultat des Rechtsspruchs verpflichtet uns nun nachträglich zur Entrichtung von Studiengebühren trotz des bereits absolvierten Studiums. Manchmal liegen Rechthaben und Rechtbekommen eben weit auseinander.

Hochschulen haben kein Interesse an Schnelligkeit.

Wir können daraus nur den Schluss ziehen, dass die Hochschulen im geltenden Studiensystem bis heute kein Interesse daran haben, dass ihre Studierenden schneller und effizienter ihren Abschluss erreichen, um ihr Können auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen. Und sie haben offenbar auch kein Interesse daran, durch anreizkompatible Steuerungen ein zügiges Studieren zu fördern. Das Einhalten hehrer Studienordnungen hat im derzeitigen Studiensystem also Priorität vor dem Zulassen unterschiedlicher individueller Studiergeschwindigkeiten.

Sicherlich: Studienbeiträge sind wirtschaftliche Faktoren der Bildungsinstitutionen, und selbige keine studentischen Wohltätigkeitseinrichtungen. Vor dem Hintergrund der mit unserem Fall verbundenen juristischen Auseinandersetzungen sowie der fehlenden Diskussions- und Kulanzbereitschaft unserer Hochschule könnte man allerdings den Eindruck gewinnen, die Starrheit im Studiensystem ist Ausdruck einer gezielten systemimmanenten Bremse – mit betriebswirtschaftlichem Interessenhorizont. Offen sein für neue Methoden des Studierens, individuelle Lernprozesse und -geschwindigkeiten zulassen auf der Basis von Anreizmodellen statt im Korsett von Reglementierungen? Fehlanzeige, jedenfalls nach heutigem Stand. Dem Turbo-Studium nehmen diese hochschulpolitischen und juristischen Bremsmanöver in unseren Augen jedoch keinesfalls seine Berechtigung. Unser Fall, so hoffen wir, kann anstoßen zu weiteren Überlegungen zur fortschreitenden Dynamisierung innerhalb der durch die Bologna-Reform offenbar noch einmal bürokratisch fixierten Studiensysteme in Deutschland.

Über Spielverderber und »böse Jungs«

Wie auch immer in der Zukunft über unseren Fall diskutiert werden wird: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt und unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen des Studierens dürfte es uns, das Turbo-Studenten-Trio, faktisch nicht geben. Wir als Skandalstudenten, die Unmöglichen, waren vom System her eigentlich nicht möglich – so dachte man. Einfach zu schnell, geradezu handstreichartig hatten wir mit unserem Ultra-Kurzzeitstudium gängige Vorstellungen über das »richtige« (langsame) Studieren einfach über den Haufen geworfen. Wir hatten die Regelstudienzeit zur Sollbruchstelle des herkömmlichen Studierens erklärt, hatten gezeigt, dass man diese deutlich unterbieten und »trotzdem« mit einem Prädikatsexamen abschließen kann. Als Spielverderber des Systems und somit in gewisser Weise als »böse Jungs« hatten wir eine Reihe bürokratischer Festlegungen infrage gestellt, Lücken im angeblich überfordernden Studiensystem ausfindig gemacht und eingefahrene Lehr- und Lernmethoden durch eigene Methoden im Teamwork ersetzt.

Indem wir aus der üblichen Opferrolle (des vom Bologna-System, dessen hoher Regelungsdichte und den Leistungsanforderungen ach so geknechteten Studenten) einfach ausgestiegen und zügig auf die akademische Überholspur gewechselt waren, hatten wir für Irritation, für Revolte im Studienbetrieb gesorgt. Und wir hatten dabei – im Übrigen mit ausdrücklicher Genehmigung der Hochschulleitung – wie eigenständige Unternehmer mit maximal ausgereizter Entscheidungsfreiheit und selbst gestalteten Studienplänen agiert. Nach unserem Ermessen und unserem Elan sollte der angestrengte Bildungs-Turbo schließlich auch ein Karriere-Turbo sein. Konnte ein solches Ziel tatsächlich zu weit gedacht sein? So weit vorauszudenken, dass nicht nur Studium, Berufsausbildung und künftige Arbeitswelt näher zusammenrücken, sondern unternehmerische Ambitionen bereits den eigenen Studienplan bestimmen – sollte das eine Strategie sein, für die man keinen einzigen der klassischen Bildungsverfechter gewinnen kann? Hoffentlich nicht – wenn es mit gerechten Dingen zugeht!

Studiere so schnell, wie es der Anspruch auf Qualität zulässt!

Nicht jeder also konnte und wollte das, was wir mit unserem Turbo-Studium geleistet hatten, ohne Weiteres gutheißen, auch wenn wir aus unserem Turbo-Grundsatz nie einen Hehl gemacht haben: Studiere nicht so schnell wie möglich, studiere genauso schnell, wie es der Anspruch auf Qualität zulässt! Vielfach hatte man über die Botschaft dieses Satzes aus dem Mund von uns »Bildungsverderbern« geflissentlich hinweggehört – unter Berufung auf althergebrachte Studientraditionen, namentlich die deutsche Bildungstradition, was für uns in gewisser Weise nachvollziehbar war. Für die Mehrzahl der hochschulpolitisch Verantwortlichen im Land der Dichter und Denker hat Bildung an Hochschulen und Universitäten – mit Humboldt, trotz und wegen Bologna – definitiv nichts mit Geschwindigkeit, sondern mit seinem Gegenteil zu tun. Ob die zunehmend nötigere Flexibilität und Entscheidungsfreiheit in den letztlich individuellen Studienbedürfnissen dabei auf der Strecke bleibt oder nicht, ist in diesem Zusammenhang kaum Gegenstand der Diskussion gewesen. Vielfach bestimmen nicht anreizkompatible Steuerungen, sondern bürokratische Regularien und formelle Standpunkte die Rahmenbedingungen des Studierens an deutschen Hochschulen und Universitäten.

Was zeigt das anderes, als dass auch gut zehn Jahre nach Einführung der das Studieren in Europa angeblich beschleunigenden und flexibilisierenden Studienstrukturreform (»Bologna-Prozess«) die Reformdebatte unverkennbar immer noch auf der Stelle tritt? Statt neuer Dynamik und Innovation, statt neuer Lehrmethoden und neuer Medien wird von hochschulpolitisch verantwortlicher Seite Reformierung vielfach abgewehrt, Langsamkeit verteidigt. Langsamkeit oder nicht vielmehr Reformstillstand? Das lässt sich fragen, doch im Kern bedeutet das: Für die Mehrzahl der Vertreter der hochschulpolitischen Öffentlichkeit gilt die lange Bildungsdauer – formell sanktioniert durch die Regelstudienzeiten gemäß Hochschulrahmengesetz – weiterhin als pädagogischer Letztwert im Studienprozess, als Garant nachhaltiger Lernerfahrung und zuverlässiger Persönlichkeitsentwicklung. Die Beschleunigungsrhetorik der Bologna-Verfechter hat darüber nicht wirksam hinwegtäuschen können. Ebenso wenig wie die Diagnosen der Reformkritiker, die in der Bologna-Reform nach wie vor »die Auflösung der Hochschulautonomie und die Ökonomisierung universitärer Bildung im Ganzen«, ja die »Steigerung der Wirtschaftlichkeit« im Bereich des gesamten Bildungswesens sehen beziehungsweise sehen wollen (Hochmuth & Mangold 2012).

Das zweigeteilte Echo der Öffentlichkeit

So nett und ehrlich so manche der uns entgegengebrachten Einschätzungen, wonach wir »von einem anderen Stern kämen«, gemeint gewesen sein mögen, sie treffen sachlich weder zu noch dienen sie unserem Anliegen, mit unserem Turbo-Modell zu einem anderen Studieren anzuregen. Dass uns Turbo-Studenten vor allem pure Zielstrebigkeit und ausgesprochene Leistungsbereitschaft so beschleunigt hatten, wurde folgerichtig von manchen übersehen. Die vorschnelle Aburteilung oder Klassifizierung unseres Studierens als »nicht nachahmbare« (»außerordentliche«) Studienleistung schien vielen leichter ins Konzept zu passen. Und dass unser Turbo-Studium ein zweigeteiltes Echo von Anerkennung (Vorstoß in neue Dimensionen des Studierens) und versuchten Kompromittierens (Störfall im regulären, an Regelstudienzeiten und -anforderungen angepassten deutschen Studiensystem) in der öffentlichen Diskussion erfuhr, wird angesichts der uneingelösten Reformanstrengungen im deutschen Hochschulsystem wohl kaum verwundern.

Befürworter und Gegner der Bologna-Reform halten sich hier nach wie vor so ziemlich die Waage – ein Dilemma, das bis heute nicht behoben ist und ohne Zweifel auch eine Grundsatzfrage enthält. Sollte man in dieser Gespaltenheit nicht auch ein Indiz dafür sehen, dass unser Bildungssystem und die Erwartungshaltungen an dieses an einem Punkt des Wandels angekommen sind – eines Wandels der Einstellungen all jener, für die die gegenwärtigen Rahmenbedingungen des Studierens samt der bürokratischen Gängelungen und institutionalisierten Strukturen im deutschen Studiensystem immer noch nicht den veränderten Bedürfnissen Rechnung tragen?

Dopingtest nach Turbo-Abschluss

Uns wurde im Verlauf der vielfältigen Diskussionen und diversen Interviews vor allem eines ziemlich schnell bewusst: Der Nachweis, dass man die Leistung mit ebenso legalen wie innovativen Methoden erbracht hat, ist zweifellos der beste Weg, Kritiker glaubwürdig zu überzeugen – vor allem davon, dass die ursprünglichen Ziele des Unternehmens »Turbo-Studium« richtig waren. In unserem Fall hieß das nicht nur, uns auf den akademischen »Dopingtest« einzulassen. (Nach Bekanntwerden unseres Turbo-Abschlusses hatten wir eine Reihe nachträglicher Leistungsüberprüfungen zu bestehen – auf der Basis der Schriftproben aller unserer Klausuren sowie durch detaillierte Überprüfungen unserer wissenschaftlichen Arbeiten.) Es bedeutete zugleich, noch einen offensiven Schritt weiter zu gehen und dieses Buch zu schreiben.

Diese Entscheidung wurde uns durch eine Reihe von Faktoren erleichtert. Dazu zählt zum einen die Erfahrung, dass Recht nicht immer Gerechtigkeit bedeutet. Unser Schnellstudium ist gerichtlich nicht als das anerkannt worden, was es der Sache nach nämlich ist: ein Neuanfang auf dem Gebiet des Studierens. Die Vertreter unserer Hochschule sowie die juristischen Instanzen haben es vorgezogen, die überkommenen Studiengewohnheiten und die Verbindlichkeiten des Studienvertrags gegen unser neuartiges Studienmodell zu verteidigen, das heißt, sich auf den formellen Standpunkt zurückzuziehen – ein Pyrrhus-Sieg nach unserer Einschätzung, der unserer Sache nicht ihre Gültigkeit und ihren Wert nimmt.

Womit bereits der zweite Punkt angesprochen ist, der uns zum Gang an die Öffentlichkeit bewegte: die Vielzahl interessierter Nachfragen zum »Erfolgsgeheimnis« unseres Rekordzeitstudiums, das vielfach bekundete Interesse an unserer Arbeitsweise, den Methoden der Beschleunigung, den Besonderheiten unserer Zusammenarbeit als studentisches Team. Es ist dieses Interesse, das uns am stärksten motiviert hat, darüber zu schreiben, wie man als Student beziehungsweise angehender Unternehmer alte Dinge hinter sich lässt (Schnellstudieren bedeutet nach unserer Ansicht im Kern genau das).

Schnelligkeit bedeutet nicht Oberflächlichkeit.

Turbomäßig schnell studieren und zum erstrebten Studienabschluss auf dem effizientesten und kürzesten Weg gelangen – mit diesem Thema des vorliegenden Buchs verbindet sich für die Autoren folgerichtig die Absicht, das Image des Schnellstudiums an Hochschulen und Universitäten positiv zu verändern und seine methodischen Potenziale für Studierende aller Fachbereiche in das Licht zu rücken, das ihm gebührt: das Rampenlicht. Zwar ist die Fähigkeit und Leistung, schnell zu sein, heute fast überall als Qualitätsmerkmal und geldwerter Vorteil (»Zeit ist Geld«) anerkannt. Nicht selten jedoch wird Schnelligkeit vielfach immer noch mit Oberflächlichkeit gleichgesetzt. Was für ein Irrtum!

Dem Nachweis, dass ein Hochgeschwindigkeitsstudium unbedingt mit Beschleunigung zu tun hat, gleichzeitig aber einen spezifischen Mehrwert besitzt, weil es eine Vielzahl berufsrelevanter Kompetenzen fördert, dient das vorliegende Buch. Weil wir wissen, dass das hier vorgestellte Turbo-Modell des Studierens nicht im Maßstab 1:1 auf alle etablierten Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften übertragbar ist und trotzdem universelle methodische Empfehlungen für das beschleunigte Studieren formuliert, lautet unsere These: Schnell studieren ist mehr als die Lust am Geschwindigkeitsrausch. Es schließt den Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten ein, die im gesamten Berufsleben immer wieder eingesetzt werden können, die also nicht auf ein bestimmtes Berufsbild mit seinem dazugehörigen fachspezifischen Wissen beschränkt sind.

Es ist in einer besonderen Weise horizonterweiternd. Schneller zu studieren ist in diesem Sinn der Anfang eines lebenslangen Lernens als Kompetenzerwerb. Permanente Selbstbestimmung und Selbstständigkeit, ohne die das schnelle Studieren nicht zu denken ist, halten dazu an, die Studienzeit effektiv zu nutzen und den Bildungsabschluss nicht nur auf die unmittelbare Arbeitsmarktqualifikation auszurichten. Mit Entschlossenheit angepackt, mit Konsequenz durchgehalten und in der Gruppensituation immer wieder stimuliert weckt es brachliegende Potenziale, ungenutzte Fähigkeiten: Es ist in Wahrheit ein einziger Entwicklungsbeschleuniger.

Schnell studieren ist mehr als die Lust am Geschwindigkeitsrausch.

Mit dem hier authentisch aus unserer Lernwerkstatt Berichteten verfolgen wir gleich eine doppelte Absicht: zum einen aufzuzeigen, unter welchen Bedingungen und durch welche Faktoren der Erfolg, den wir als studentische Arbeitsgruppe erreichten, zustande kam. Denn nicht durch bloßen Glauben an wundersamen Erfolg noch durch außergewöhnliche Fähigkeiten schafften wir, was wir zu Anfang selbst fast für uneinlösbar und sogar für ein wenig größenwahnsinnig hielten. Wir schafften es durch strategische Selbst- und Teamorganisation, ein besonderes logistisches Management und Arbeitstechniken, die nach unserer Überzeugung auch jenseits unseres superschnellen Turbo-Modells attraktiv sein können für alle Schnellstudierwilligen. Zum anderen geht es uns um Ermutigung. Mit unserem Beispiel wird nachvollziehbar, dass ein (Ultra-)Kurzzeitstudium keine Zauberei genialer Überflieger ist, sondern die Chancen zu einem deutlich beschleunigten und zugleich anderen Studieren enthält. Im Turbo-Modus zu studieren kann tatsächlich bedeuten, die Erfahrung eines durchgängig selbstbestimmten, methodisch flexiblen und gruppendynamisch orientierten Studierens zu machen. Und vielleicht ist das eine der wichtigsten Grunderfahrungen: Nach Möglichkeit sollte man ohne Einschränkungen Herr der Situation sein, statt sich als Opfer halb fertiger und halb gelungener Reformen fühlen zu müssen.

Das Turbo-Studium, so viel Einsatz es vom Einzelnen auch verlangt, kann demnach ein goldener Weg zur studentischen Souveränität sein. Und in diesem Sinn denken wir, ist es längst an der Zeit, die Bologna-Studienreform innovativ, engagiert und bedarfsbezogen weiterzudenken – und das rhetorische Jammern über mangelhafte Rahmenbedingungen in echte Taten umzumünzen.

Beschleunigung, Flexibilität und Entscheidungsfreiheit sind gefordert.

Selbstverständlich auch, weil nach unserer Ansicht das Studium in Deutschland vergleichsweise immer noch zu langsam ist, trotz Bologna: Wir plädieren mit diesem Buch insgesamt für mehr Beschleunigung an deutschen Fachhochschulen und Universitäten. Und wir plädieren damit zugleich für mehr Flexibilität und Entscheidungsfreiheit bei den Formen des individuellen Lernens, für das Zulassen unterschiedlicher Geschwindigkeiten im Studium jenseits starrer, teilweise überflüssiger und häufig anachronistischer Regularien.

Zu den nötigen Beschleunigungsfaktoren zählt in unseren Augen beispielsweise nicht zuletzt der verstärkte Einsatz neuer Medien, die Etablierung von zeitgemäßen Online-Vorlesungen und Online-Übungen – sowohl an den Universitäten wie an den Fachhochschulen. Es geht insgesamt also um mehr Spielraum für unterschiedliche Lerngeschwindigkeiten und das entsprechende Entgegenkommen und Befördern dieses Lernverhaltens seitens der Hochschulen. Studierende sind heute mehr denn je durch das Internet geprägt und medial anspruchsvoller und kommunikativ beweglicher. Es ist doch paradox: Warum sollten jahrhundertealte Lehr- und Lernformen weiterhin das Maß aller Dinge sein in einer medial längst veränderten (»reformierten«) Lebens- und Bildungswirklichkeit? Und welche Hochschule, welche Universität muss befürchten, gleich ihr didaktisches Kapital zu verspielen, wenn sie den veränderten Bedürfnissen ihrer Studierenden hinsichtlich innovativer (E-)Lehr- und Lernmethoden endlich auch im Studienalltag Rechnung trägt?

Hochschulen – egal ob als private oder öffentliche Bildungseinrichtungen – sollten nach unserer Auffassung generell der Ort sein, an dem Selbstständigkeit und Selbstverantwortlichkeit erprobt werden, weil die Studierenden selbst den Reformprozess mitbestimmen. Sie sollten der Ort sein, an dem individuelles Lernen nach dem jeweiligen Lerntyp und nach unterschiedlichen Geschwindigkeitsbedürfnissen angeregt und auch gefördert wird. Dann und wirklich erst dann, so unsere These, wird das Studium zügiger absolviert werden können. Und der besonders schnelle Abschluss wird ein Ziel, das sich individuell lohnt und auch materiell angemessen belohnt wird – wenn es sich durch reduzierte Studiengebühren bei verkürzter Studiendauer auch bezahlt macht. Wirklich erst dann werden die maßgeblich Betroffenen – die Studierenden – in den Reformen auch solche sehen, weil sie sich nicht mehr als das Opfer bürokratischer Festlegungen und formalisierter Regelvorgaben erleben müssen, sondern weil sie sich als Subjekte leistungsorientierten und selbstverantwortlichen Handelns wahrnehmen können und dürfen. Natürlich glauben wir, nicht die Einzigen zu sein, die schneller und gleichzeitig besser und selbstbestimmter studieren wollen. Ebenso wenig werden wir kaum die Einzigen sein, die davon überzeugt sind, dass die Mehrzahl der Studierende heute selbstständiger, verantwortungsvoller und dynamischer ist, als es ihnen die Vorgaben der heutigen Studiensysteme und die strukturellen Plandiktate so mancher Hochschule zumuten.

Bürokratische, institutionelle und strukturelle Verkrustungen abschaffen!

Mit dem Prototyp eines Kurzzeitstudiums im Highspeed-Modus, wie wir ihn hier entwerfen, wollen wir nicht nur dazu beitragen, über bürokratische, institutionelle und strukturelle Verkrustungen an deutschen Universitäten und Fachhochschulen öffentlich breiter zu diskutieren. Wir wollen den Nachweis führen, dass es – aus verschiedenen Gründen – sinnvoll ist, schneller mit dem Studieren fertig zu werden. Und wir möchten mit unserem demonstrativ auf Geschwindigkeit hochgefahrenen Studium dazu beitragen, das Studieren insgesamt schneller und effektiver zu gestalten, Verantwortungs- und Leistungsgedanke im Schnellstudium schneller und intensiver auszuprägen.

Vor dem Hintergrund steigender Qualifikationsanforderungen und beständig steigender Anforderungen an Flexibilität auf dem europäischen Arbeitsmarkt möchten wir das Studieren letztlich attraktiver machen. Sich von unserem Beispiel anregen zu lassen zu mehr Selbstständigkeit und zum zielstrebigen Umsetzen eigener Ideen könnte ein Anfang dafür sein. Alle diese »Turbo-Ziele« gelten im Übrigen unabhängig davon, ob die Rechtsprechung in Deutschland in einigen Jahren immer noch das Normalstudieren zum einzig zulässigen Fall erklärt und entsprechend diejenigen bestraft, die durch schnelles Studieren letztlich auch ihre Studiengebühren reduzieren möchten. Dieser Standpunkt schließt allerdings ein, dass wir uns generell auch im öffentlichen Bereich für Studiengebühren bzw. Semestergebühren aussprechen, da wir der Meinung sind, dass man sich grundsätzlich an den Kosten beteiligen sollte. Und natürlich muss es Ausnahmeregelungen für sozial Schwache oder aus anderen Gründen Benachteiligte geben.

Der »Highspeed-Studi« wird keine Ausnahmeerscheinung mehr bilden.

Unabhängig von der zukünftigen Entwicklung der Diskussion: Wir können nicht davon ausgehen, dass unser Erfolgsmodell für jeden Studierenden gleichermaßen überzeugend ist und ihn motiviert, sein Studium mit Entschlossenheit so früh wie möglich erfolgreich abzuschließen. Wir haben bisher aber noch niemanden getroffen, der sich ein noch längeres Studieren gewünscht hätte oder sein jetziges Erwerbsleben gegen die »goldenen Zeiten des Studentenlebens« eintauschen wollte. Das verleiht uns einen Antrieb mehr, mit dem vorliegenden Buch die Diskussion über das Studieren durchaus provokant, aber auch so sachhaltig, zielorientiert und realistisch wie möglich anzustoßen.

Die Zukunft der deutschen Hochschullandschaft, so hoffen wir, wird durch Methodenpluralismus, online vernetzte Lehr- und Lernformen sowie zunehmende Praxisbezüge der wissenschaftlichen Hochschulausbildung gekennzeichnet sein. Der »Highspeed-Studi« wird in diesem dynamischeren Bildungssystem keine Ausnahmeerscheinung mehr bilden, sondern allenfalls eine herausragende Tendenz. Das Modell »Turbo-Student« braucht entsprechend auch keine durch uns geschützte Marke zu sein, so wenig, wie es eine pure Provokation ist: Es ist ein Orientierungsmuster. Allen jenen, die für die angesprochenen Veränderungen ihres Studiums aufgeschlossen sind, die bereit sind, Neues zu erproben, und denen Beschleunigung, Effizienz und Qualität in jeder Entwicklungsphase persönlich wichtig sind, widmen wir dieses Buch.

Provokation »Turbo-Student« – ein Plädoyer für andere Geschwindigkeiten

»Alles, was ich mir vorstellen kann,
kann ich auch erreichen.«

MARCEL K.

1. Oberflächlichkeit statt Tiefe?

Wer schneller studiert, verdirbt die Norm!?

»Turbo« kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie Verwirbelung, Wirbel, intensivierte Bewegung und Rotation, also Geschwindigkeit und Beschleunigung. Mit Turboladern, Turbinen und Turbomotoren verbinden wir im technischen Sektor diese uneingeschränkt positiven Assoziationen in Kombination mit Leistungssteigerung, Geschwindigkeit oder einer bestimmten Aufwandsersparnis. Turbo ist also ein Ausdruck der menschlichen Intelligenz und Erfindungskraft, gerichtet auf spezifische Ziele.

Was im technischen Sektor anerkannt ist, gilt jedoch nicht ohne Weiteres in Bezug auf andere Lebensbereiche, namentlich den der Bildung. Wird hier der Turbo sprachlich vorgeschaltet – Turbo-Student oder auch Highspeed- Studium –, kann sich im Handumdrehen eine radikale Provokation ergeben. Denn sich schneller zu bilden, als es Regelstudienzeiten an Universitäten und Fachhochschulen vorgeben, scheint einem eingebürgerten Verständnis von Bildung nachgerade zu widersprechen. Ob Humboldt’sches Bildungsideal oder bildungsbürgerliche Tradition – für die meisten ihrer Befürworter hat Bildung normalerweise etwas mit langsamen Prozessen zu tun: mit gemächlichem oder zumindest zeitintensivem Herausbilden, Aneignen und Wachsenlassen von Fähigkeiten und Fertigkeiten. Nach landläufiger Vorstellung ein völlig plausibles Bild: Wer sich bildet und begreifen will, muss sich auf den Hosenboden setzen – nicht um Gas zu geben, sondern um zu entschleunigen.

Einen Bachelor- und Masterabschluss in der Rekordzeit von 20 Monaten statt in fünf Jahren abzuschließen, scheint also zu verfehlen, was Bildung seit der Aufklärung meint: Befähigung zur Selbstorganisation und kenntnisreicher Reflexion. Von bildungsinstitutioneller Warte aus formuliert: Wer schneller studiert, verdirbt die Norm. Und wer sich solchermaßen nur im Speed-Dating-Modus auf Kenntnis und Reflexion einlässt, heizt jene Ökonomisierung nur noch zusätzlich an, der die gesamte geistig-kulturelle Lebenswelt des globalisierten westlichen Europa ohnehin schon unterliegt.

Ein Studium muss nicht drei oder fünf Jahre Lebenszeit kosten.

So und ähnlich lauten Vorurteile wie Argumente einer verbreiteten Vorstellung, die Bildung und Geschwindigkeit nach wie vor als einander ausschließende Größen betrachtet – unter der Voraussetzung im Übrigen, dass das Humboldt’sche Bildungsideal unantastbar ist auch in Zeiten fortschreitender Ökonomisierung aller gesellschaftlichen Bereiche. Man findet diese Positionen in den institutionalisierten Debatten zwischen Hochschulpolitik und der Bildungspolitik des Bundes, denn sie gehören zum Kernbestand der öffentlichen Meinung auch im mittlerweile elften Jahr nach Einführung jener Bologna-Bildungsreform, die unter anderem die Abschaffung des Langzeitstudiums zum erklärten Ziel erhoben hatte (Studien zufolge dauert ein komplettes Studium aus Bachelor- und Masterabschluss heute tatsächlich nicht kürzer, sondern mindestens ebenso lange wie in den alten Studiengängen vor der Reform).

Bildung und Geschwindigkeit – ein Gegensatzpaar? Bildung als Garant für Tiefe, Geschwindigkeit als Einfallstor für Oberflächlichkeit? Langsamkeit also als Bedingung akademischer Reife? Diese Fragen suggerieren Folgendes: Eine Sache, die nach herkömmlicher Meinung eigentlich viel Zeit braucht, verliert dadurch an Wert, dass sie stark komprimiert wird.

Zeitvergeudung durch redundante Inhalte

Als erfolgreiche Turbo-Studenten sind wir aus mehreren Gründen anderer Meinung, nicht nur, weil das Schneller-studieren-Wollen Teil des allgemeinen Schnelligkeitswettbewerbs in unserer durchdigitalisierten, elektronisch und medial grundbeschleunigten Welt ist. Unser eigenes Schnellstudium hat uns andere Erfahrungen vermittelt – vor allem diese: dass ein berufsvorbereitendes Studium nicht unbedingt drei oder gar fünf Jahre kostbarer Lebenszeit zu beanspruchen braucht. Dass sich in einem stark beschleunigten Studium Fähigkeiten entwickeln und trainieren lassen, die für das anschließende Berufsleben wichtiger sein können als langsam erworbenes, vielfach schon bald überholtes Fachwissen, und dass Bildung ein Kapital ist, das möglichst frühzeitig beim beruflichen Einstieg und Aufstieg behilflich sein sollte, wofür ein Express-Studium nach unserer »Machart« die Voraussetzung sein kann. Nicht nur um Geschwindigkeit beim Absolvieren der einschlägigen fachwissenschaftlichen Inhalte geht es also beim Turbo- Studium. Es geht auch um Selbstbestimmung und Selbstständigkeit beim Gestalten von Lernmethoden, um das Ausbilden von Kompetenzen infolge Beschleunigung, um universell anwendbare und berufspraktisch übertragbare Strategien der Effizienzsteigerung.

Darüber hinaus: Wie viel Leerstellen enthält ein angeblich so überfrachtetes Studium an deutschen Universitäten und Hochschulen auch nach der Bologna-Reform immer noch? Wie viel Zeit wird vergeudet, weil man trotz des überall ausgerufenen »Medienzeitalters« und der »Web-2.0-Welt« aufgrund fehlender Online-Vorlesungen und Online-Übungen von Ort zu Ort fahren muss? Und wie viel Zeit bleibt ungenutzt, weil man laut Studienplan mit Modulvorlesungen redundante Inhalte zu lernen hat, statt dass individuelle Geschwindigkeiten des Lernens oder spezifische Lerninteressen befördert werden? Alles das nur, um sich danach so richtig »durchgebildet« zu fühlen?

Entschieden fällt folgerichtig unser Plädoyer für mehr strukturierte Reform aus und meint: mehr Flexibilität und Entscheidungsfreiheit gemäß individueller Lerntypik wäre nach unserer Ansicht und Studienerfahrung der Fluchtpunkt, den eine Reform, die den Namen verdient, nehmen sollte – und möglichst nicht erst morgen, sondern heute.

2. An Bologna scheitern oder das Steuer selbst in die Hand nehmen

Fehlende Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Hochschulen

An dieser Stelle scheint eine weitere hochschulpolitische Zwischenüberlegung nötig. Ist es nicht paradox, in Zeiten eines durch die Bologna-Studienreform ohnehin beschleunigten Hochschulstudiums für den Turbo-Abschluss zu plädieren? Wäre es nicht im Sinn einer soliden Bildungsstrategie, sich gerade angesichts umgreifender Beschleunigungsprozesse in Sachen Bildung für Verlangsamung des Studiums einzusetzen, für mehr Zeit bei der Bewältigung von modularisierten Arbeitsbelastungen, für mehr Vertiefung und Qualität in den Lerninhalten und letztlich auch mehr zeitlichen Spielraum für Zusatzprogramme wie Auslandsaufenthalt oder berufsspezifisches Praktikum?

Dem gegenüber stehen einerseits die gewachsenen Qualifikationsanforderungen an einem dynamisch wachsenden Arbeitsmarkt, die gestiegenen Anforderungen von Unternehmen an persönliche und fachliche Flexibilität. Andererseits ist ein wichtiges Ziel auch der Verfechter der traditionellen Bildungsidee längst noch nicht eingelöst: die Ersetzung von Verordnungen, Reglementierungen, bürokratischen Systemvorgaben durch Anreizsysteme, welche die Selbstverantwortlichkeit, Eigeninitiative und Motivation der Studierenden fordern und befördern. Ebenso wenig kann von einer gesteigerten Mobilität und Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Hochschulen und Hochschularten (öffentlich vs. privat) die Rede sein. Nicht einmal die hochschulübergreifende Anerkennung zertifizierter Abschlüsse ist von Bundesland zu Bundesland für jeden Studierenden heute gesichert.

Wer die aktuellen Debatten im Kontext des zehnjährigen Bologna- Reform-Jubiläums betrachtet, könnte daher tatsächlich zu dem Ergebnis kommen, dass nur ein radikaler Kurswechsel innerhalb des europäischen Reformprojekts »Bologna« dazu führen wird, dass die Reform in absehbarer Zeit jene Ziele erreicht, deren Umsetzung sie bis heute für Studierende wie Hochschulverantwortliche schuldig geblieben ist. Das bedeutet allerdings, im Warten auf politische Lösungen wertvolle Zeit und Selbstinitiative zu verlieren. Und auf weitere Verlangsamung zu setzen, birgt in diesem Zusammenhang auch die Gefahr, die seit der Bologna-Reform erhöhte Bürokratisierung (ECTS-System, Zertifizierungen etc.) weiter zu befördern. Wer sollte daran ernstlich ein Interesse haben? So bleibt die Suche nach aktiven und selbstverantwortlichen Auswegen aus der europäischen Reform- Sackgasse in unseren Augen das Gebot der Stunde.

Boykott und Unmut gegen Pseudo-Reform

Das Ziel, Studenten beschleunigt zum Abschluss zu führen, gehörte zwar zu den ursprünglichen Leitideen des hehren Bologna-Reformprojekts. Nach einem ganzen Jahrzehnt verpasster Änderungschancen wird heute jedoch im Tenor bilanziert, dass die Rahmenbedingungen für das Studieren nicht wirklich der veränderten gesellschaftlichen Wirklichkeit angepasst wurden. Was aber bleibt Positives von einer Reform zu halten, wenn sie genau das nicht leistet?