Susanne Klein

Wenn die anderen das Problem sind

Konfliktmanagement

Konfliktcoaching

Konfliktmediation

Susanne Klein

Wenn die anderen das Problem sind

Konfliktmanagement

Konfliktcoaching

Konfliktmediation

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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Informationen sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

 

Lektorat: Dr. Sonja Ulrike Klug, www.buchbetreuung-klug.com Umschlaggestaltung: +malsy Kommunikation und Gestaltung, Willich Umschlagfoto: zefa visual media gmbh

© 2006 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

©2015 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem Titel „Wenn die anderen das Problem sind“ von Susanne Klein, ©2006 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.

ISBN Buchausgabe: 978-3-89749-586-9

ISBN epub: 978-3-95623-288-6

www.gabal-verlag.de

Inhalt

Einführung: Wo kommen die ganzen Probleme her?

Teil 1:

Wenn die anderen das Problem sind – Konfliktmanagement

1. Warum es knallt – Anzeichen und Anlässe

Die komische E-Mail

Der schweigsame Kollege

Der E-Mail-Verteiler

Der ungerechtfertigte Anranzer

Wenn die Nase nicht passt

Zu viele E-Mails

2. Die lieben Kollegen – Konflikte im Team

Verschiedene Vorstellungen

Die Sympathiefalle

Kränkungen und Verletzungen

Machtkämpfe

3. Die lieben Mitarbeiter – Konflikte als Führungskraft

Die Bevorzugung Einzelner

Arbeitspferde

Als Projektleiter nichts zu sagen?

Paradoxe Verhaltenserwartung

Die Kunst, Kritik zu üben

4. Durchsetzen oder nachgeben – Strategien

Sich durchsetzen

Kooperieren

Kompromiss suchen

Vermeiden

Nachgeben

5. Das Konfliktgespräch – ein Leitfaden

Schritt 1: Ziel festlegen

Schritt 2: Abstand gewinnen

Schritt 3: Positive Aspekte fokussieren

Schritt 4: Für gute Stimmung sorgen

Schritt 5: Die Interessen des anderen erkennen

Schritt 6: Die eigenen Interessen formulieren

Schritt 7: Übereinstimmungen festhalten

Schritt 8: Kontroverse Punkte diskutieren

Schritt 9: Lösungen finden und vereinbaren

Schritt 10: Lösungsrückschau durchführen

Wenn der andere nicht kooperationsbereit ist

Teil 2:

Wenn man selbst das Problem ist – Konfliktcoaching

1. Aufgeräumt geht es besser – die Kraft der Gefühle

Der innere Zustand beeinflusst das Verhalten

Fünf Schritte zur inneren Klarheit

2. Distanz gibt Kraft – irrationale Gedanken unterbrechen

Ursachen für typisches Konfliktverhalten

Sokratischer Dialog

Distanz zum eigenen Verhalten entwickeln

3. Was will ich eigentlich? Innere Klarheit

Die Wunderfrage stellen

Eine Parts-Party veranstalten

4. Was denken die anderen? Positionenwechsel

Die Bedürfnisse der anderen wahrnehmen

Selbsttäuschung und Illusionen

Den Positionenwechsel üben

5. Gut im Kontakt – klares Contracting

Kontrakte schützen vor Konflikten

Rebriefing nicht vergessen

Filter beeinflussen die Wahrnehmung

Die Mücke und der Elefant

6. Faul, feige, eitel – Schweinehunde überwinden

Bremsklötze der Weiterentwicklung

Wirkungsvolles Vorgehen

7. Andere Ebenen, andere Lösungen – Chunken

Es gibt keine Probleme

Chunk-up und Chunk-down

8. Lösungen erfragen – Switching Questions und Skalierungsfragen

Die richtigen Fragen stellen

Skalierungsfragen

9. Die verzerrte Wahrnehmung überwinden – den Fokus erweitern

Einschränkende Denkmuster

Wesentliche Konfliktthemen

10. Wenn Werte im Weg stehen – die angemessene Formulierung finden

Das Fünf-Schritte-Modell

Die Werteanalyse

Teil 3:

Wenn die anderen das Problem haben – Konfliktmediation

1. Konfliktmediation als Führungsaufgabe

Die Funktion des Mediators

Die Führungskraft als Mediator

2. Engelsgleich und doch menschlich – Kompetenzen des Mediators

Die Diskussion auf die Metaebene heben

Auf sich selbst achten

Den Humor behalten

Bei emotionalen Ausbrüchen gelassen bleiben

Hypothetische Fragen nutzen

Die Meinung des Mediators

3. Schritt für Schritt – die Phasen der Konfliktmediation

Phase 0: Vorgespräch

Phase 1: Kontaktaufnahme und Klärung der Situation

Phase 2: Formulierung des Themas

Phase 3: Klärung der Interessen

Phase 4: Visualisierung der Gemeinsamkeiten

Phase 5: Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten

Phase 6: Lösung vereinbaren

Phase 7: Abschluss gestalten

Phase 8: Erste Testphase

Phase 9: Evaluation

4. Die List erkennen – Strategeme lenken

Nutzen der Strategeme im Konfliktfall

Die 36 Strategeme der Chinesen

Anhang

Kleine Konflikttypologie

Danksagung

Literaturverzeichnis

Über die Autorin

Workshops und Coachings zum Buch

Einführung: Wo kommen die ganzen Probleme her?

Ärger machen immer die anderen. Dabei könnte alles so schön sein und so gut funktionieren. Schließlich macht es niemandem Spaß, sich mit Konflikten, die andere produzieren, am Arbeitsplatz herumzuschlagen. Das frisst einfach zu viel Energie. Das Gefühl, am Arbeitsplatz sehr viel mit Konflikten zu tun zu haben, ist nicht subjektiv. Das belegen auch aktuelle Befragungen. Zum Beispiel brachte eine Umfrage unter Coachees das Ergebnis, dass inzwischen über 70 Prozent der täglichen Energie am Arbeitsplatz dafür investiert werden, andere Mitarbeiter vom eigenen Bereich fern zu halten, sich abzusichern und um Attacken abzuwehren. In der aktuellen wirtschaftlichen Situation und bei dem sehr hohen Konkurrenzdruck, der auf Führungskräften und Mitarbeitern lastet, gewinnt das Thema Konfliktmanagement immer mehr an Bedeutung.

1. Teil

Der erste Teil des Buches ist diesem Thema gewidmet. Wie erkennen Sie Konflikte? Wie gehen Sie am besten an die Sache heran? Was können Sie konkret tun? Wie verhalten Sie sich am geschicktesten? Wie schaffen Sie es, die Gefühle zu sortieren? Welche Möglichkeiten gibt es, um auf einen konstruktiven Lösungsweg zu gelangen? Welche Strategien gibt es?

2. Teil

Manchmal stehen wir uns aber auch einfach selbst im Weg. Ärger machen dann zwar immer noch die anderen, aber zum Teil auch deswegen, weil wir selbst unklare Signale senden und ein innerer Konflikt nach außen hin sichtbar wird. Der zweite Teil des Buches ist eine Anleitung zum Selbstcoaching. Was können Sie tun, wenn Sie merken, dass Sie selbst ein Teil des Problems geworden sind? Wie gehen Sie in diesem Fall an die Sache heran? Wie können Sie zu einer inneren Klarheit und Sicherheit und damit zu einer von anderen wahrnehmbaren äußeren Gelassenheit finden?

3. Teil

Der dritte Teil schließlich fokussiert das Thema Konfliktmediation. Wie können Sie als unbeteiligter Dritter, z.B. in einer Führungsposition, anderen helfen, Konflikte konstruktiv und ergebnisorientiert zu lösen? Was müssen Sie beachten? An welchen Prozessschritten können Sie sich orientieren? Welche Tools können Sie nutzen? Wie gehen Sie damit um, wenn Strategeme von einer Seite oder von beiden eingesetzt werden?

In jedem Kapitel finden Sie einige Fallbeispiele, die Ihnen vermutlich nicht ganz unbekannt vorkommen. Hier können Sie nun die Rolle des externen Beobachters einnehmen und zusehen, wie andere mit einer solchen Situation fertig werden. Das macht deutlich mehr Spaß, als wenn man selbst mittendrin steckt.

Ich wünsche Ihnen alles Gute – vor allem dann, wenn die anderen mal wieder das Problem sind.

Susanne Klein

1. Warum es knallt – Anzeichen und Anlässe

Unser Wunsch

Das ist es, was wir uns wünschen: mit der Umgebung harmonisch leben, in Frieden seine Arbeit machen können und am Abend die Entspannung genießen. Das klappt auch – oft, aber nicht immer. Denn Wut, Enttäuschung und Aggression gehören genauso zum Menschsein wie Liebe, Freundschaft und Glück. Schließlich müssen wir uns auch gegen Angreifer wehren und kundtun können, wenn wir uns ungerecht behandelt fühlen.

Weil wir in Konflikten intuitiv reagieren – also aus dem Bauch heraus – und oft nicht vorher, sondern meistens erst hinterher nachdenken, wissen wir häufig gar nicht, was uns an manchem Konflikt so nervt. Sind wir tatsächlich wütend über die Unverschämtheit des anderen? Oder ärgern wir uns eigentlich viel mehr darüber, dass wir selbst nicht schneller oder anders reagiert haben? Vielleicht ist einfach auch heute nicht der richtige Tag?

Kleinigkeiten werden zu großen Konflikten

Es sind gar nicht immer die großen Themen, die im Alltag zu Konflikten führen. Es geht nicht immer um eine Ehescheidung oder um die Aufhebung eines Arbeitsvertrages. Konflikte entstehen oft bei kleinen Dingen: Sie eskalieren wegen einer nicht zugeschraubten Zahnpastatube oder vergessener Unterlagen für die wichtige Sitzung. Und dann wundert man sich, wie eine solche Kleinigkeit zu einem so großen Konflikt anwachsen kann.

Konflikte beginnen ganz klein. Es sind einzelne spontane Bemerkungen, die das Gegenüber treffen. Dabei ist das Gesagte in der Regel nicht einmal böse gemeint, sondern vielleicht nur eine Unachtsamkeit, ein wenig sorgfältiges Überlegen. Man sagt etwas leichtfertig dahin, ohne zu bedenken, wie sehr das Gegenüber sich verletzt fühlen könnte. Und irgendwann steht man vor einem Haufen Scherben und hat gar nicht gemerkt, wie dieser zustande gekommen ist.

Konflikte werden oft ignoriert

Schon das Wort „Konflikte“ lässt es einem kalt über den Rücken laufen. Konflikte sind unangenehm. Damit möchte am liebsten niemand etwas zu tun haben. Und doch sind sie da, und wir müssen damit umgehen. Gerade diese Stimmung, Konflikten lieber aus dem Weg zu gehen, produziert Konflikte. Wir ignorieren und leugnen, bis es nicht mehr geht; und dann ist schon so viel passiert, dass es fast zu spät ist.

Sozialforscher vertreten die Auffassung, dass unser viel geliebtes „Friede, Freude, Eierkuchen“ eher die Ausnahme bildet. Der Alltag ist mehr von konflikthaften als von konfliktfreien Begegnungen mit anderen Menschen geprägt. Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Meinungen und produzieren deshalb Konflikte. Das macht nicht gerade Mut, aber es bedeutet auch, dass es nicht damit getan ist zu hoffen, dass sich die Schwierigkeiten bis zum nächsten Tag wie von selbst erledigen.

Die komische E-Mail

Konflikte erkennen

Bevor man handelt, muss man Konflikte als solche erst einmal erkennen. Und das ist nicht ganz einfach, denn jeder möchte am liebsten über Schwierigkeiten hinwegsehen, und jeder hofft, dass sich alles wie von selbst auflösen mag. Tut es aber nicht. Also können Sie nicht darauf warten, dass ein netter Kollege vorbeikommt und zu Ihnen sagt: „Hallo, guten Morgen. Übrigens habe ich mit Ihnen einen Konflikt. Können wir darüber heute einmal ganz entspannt und in Ruhe sprechen?“

Beispiel

Das wird nicht geschehen. Es läuft eher so ab: Ohne etwas Böses zu ahnen, öffnet man seinen Maileingang und findet folgenden Text:

„Sehr geehrte Frau Müller, nur zur Klarstellung: Der Inhalt des Dokumentes von Herrn Seiler war mir nicht bekannt. Ich habe das Thema nochmals auf die Agenda für das Meeting am Donnerstag gesetzt. Herr Naus wird sicher auch noch das eine oder andere zu dem Thema beitragen können …“

Hier steht zwar nichts Konkretes, aber Sie ahnen Böses! Das Dokument von Herrn Seiler hatten Sie doch extra herumgeschickt. Warum soll das nun schon wieder auf die Agenda? Es gab doch eine Lösung?! Dieses Meeting findet mit allen Vorgesetzten statt – unter anderem Herrn Naus, Ihrem eigenen Chef. Der Projektstatus soll präsentiert werden. Warum soll nun das leidige Thema in dieser Runde nochmals zur Sprache kommen? Das ist doch peinlich. Und was hat Herr Naus nun für eine Rolle? Warum hat er noch nicht mit Ihnen gesprochen? Sollten Sie besser im Vorfeld auf ihn zugehen? Fragen über Fragen und Konflikte über Konflikte. Dabei steht doch nur ein ganz einfaches Projektstatus-Meeting an. Wenn man doch einfach nur in Ruhe arbeiten könnte …

So kündigt sich beispielsweise ein Konflikt an: Sie erhalten eine E-Mail und verstehen nicht, wie diese zustande gekommen ist. Offensichtlich gab es Gespräche, an denen Sie nicht beteiligt waren. Missverständnisse sind bereits entstanden.

Ein Konflikt naht

Erkennungszeichen: unklare E-Mail

To Do: anrufen oder zusammensetzen, klären und Mail mit geklärtem Sachverhalt hinterherschicken

Auch wenn es schwer fällt, aber Konflikte kann man am besten regeln, wenn sie noch nicht zu groß geworden sind. Deswegen ist es nun wichtig, die Beteiligten anzurufen und in einem freundlichen Gespräch ein paar Dinge in Erfahrung zu bringen. Jedes Detail werden Sie sicher nicht erfahren, aber im Gespräch mit verschiedenen Personen lassen sich doch mit etwas Hartnäckigkeit einige Puzzleteile zusammenfügen. Im obigen Beispiel sind Sie dann deutlich besser auf das bevorstehende Meeting vorbereitet, als wenn Sie nur mit einem schlechten Gefühl im Magen zum Meeting erscheinen.

Der schweigsame Kollege

Kontakt wird vermieden

Dass Kollegen einmal kurz angebunden sind, wenn sie viel zu arbeiten haben, das kann immer vorkommen. Was aber nicht vorkommen sollte, ist das Gefühl, dass eine Person in letzter Zeit den Kontakt zu Ihnen meidet. Zum Beispiel ruft sie nicht an, sondern lässt einen Praktikanten eine Mail schicken. Oder sie kommt nicht zu Ihrem Meeting, obwohl sie zum Team gehört, ohne sich bei Ihnen abzumelden usw.

Wenn Sie das Gefühl haben, eine Person meidet den Kontakt zu Ihnen, dann ist es wichtig, dass Sie von Ihrer Seite aus aktiv werden.

Die meisten Menschen stecken in einer solchen Situation eher den Kopf in den Sand und tun so, als sei ihnen nichts aufgefallen. Sie hoffen, die schlechte Stimmung möge sich rasch wieder legen. Vielleicht überlegen sie auch, was sich hinter dem seltsamen Verhalten verbergen könnte, ohne es aktiv zu klären. Sie finden verschiedene glaubhafte Erklärungsmodelle, aber prüfen nichts wirklich nach. Sie ergehen sich in Vermutungen und werden dabei selbst immer unglücklicher. Letztendlich haben sie dann selbst den Konflikt, ohne zu wissen, ob der andere wirklich das Problem ist oder nicht. Vielleicht steckt er nur bis über beide Ohren im Stress und hat keine Zeit – und mehr ist nicht dahinter. Das wäre die beste Lösung. Solange man aber nicht aktiv wird, wird man auch nichts erfahren.

Nun, was tun? Einfach hingehen und sagen: „Also, Herr Zeth, wenn Sie es weiterhin vermeiden, mit mir zu sprechen, dann weiß ich nicht, wie wir in Zukunft zusammenarbeiten sollen …“, wird nicht weiterführen. Wenn es bis dahin noch keinen wirklichen, sondern nur einen vermuteten Konflikt gab, dann gibt es spätestens jetzt einen manifesten Konflikt. Und es wird einige Zeit brauchen, bis sich die Wogen wieder geglättet haben.

Beispiel

Effektiver ist hier der freundliche Einstieg. Das Gespräch darf den anderen nicht konfrontieren und muss jeder Seite die Chance geben, ihr Gesicht zu wahren:

„Hallo Herr Zeth, lange nicht gesehen. Haben Sie Land unter?“

Dann sehen Sie, wie der andere reagiert. Kommt nur ein „mpf“, dann muss man weiter dranbleiben. Vielleicht kommt aber auch ein fröhliches Lächeln, und das Eis ist gebrochen. Nach dem „mpf“ könnte man beispielsweise anschließen:

„Ich sehe schon, es scheinen Berge zu sein, die Sie zu bewältigen haben …“

Wichtig ist, hier immer bei der Unterstellung zu bleiben, es ginge um Arbeitsbelastung. Falls es sich tatsächlich um einen Konfliktfall handelt, soll es sich erst einmal herausstellen. Aber um ganz sicherzugehen, sollte ein Angebot folgen:

„Es gibt schon wieder eine ganze Menge zu besprechen. Wann können wir uns einmal zusammensetzen?“

Jetzt muss sogar der „mumpfigste Mpf“ reagieren. Sollte er das auch ignorieren, dann ist der Kollege schwer krank oder es gibt bereits einen manifesten Konflikt.

Ein Konflikt naht

Erkennungszeichen: Kontaktvermeidung

To Do: freundlich ansprechen und dranbleiben, Angebot formulieren

Der E-Mail-Verteiler

Überraschender Konflikt

Manchmal ist es einfach so, dass Sie von einem Konflikt tatsächlich überrascht werden. Sie gehen nichts ahnend in ein Meeting und stellen den erarbeiteten Projektplan vor. Sie zeigen, welche Schritte schon erreicht sind, und freuen sich. Nach ein paar sachlichen Nachfragen steht ein Kollege, der bisher noch nicht im Projekt involviert war, plötzlich auf und konfrontiert Sie:

Beispiel

„Also, Herr Huber, der Projektplan ist zwar schön und gut, aber er zeigt auch deutlich, dass Sie keine Ahnung von Projektmanagement haben. Sie wissen ja nicht einmal, welche Abteilungen in ein solches Projekt involviert werden müssen, damit es eine Aussicht auf Erfolg gibt.“

Der erste Schreck sitzt tief. Und man ahnt, dass man vielleicht einen Fehler gemacht hat.

Sie wissen, Sie hätten genauer den Verteiler zur Einladung des Meetings studieren sollen, dann wäre Ihnen aufgefallen, dass es ein paar Teilnehmer gibt, an die Sie bisher noch nicht gedacht haben. Hätten Sie genau hingeschaut, dann hätten Sie vorher überlegen können. Denn die Kollegen aus der „übersehenen“ Abteilung müssen die Information von jemandem aus Ihrem vertrauten Kreis erhalten haben. Nun ist es zu spät. In einer solchen Situation gibt es nur eines: die Flucht nach vorne.

„Herr Nube, es ist sehr nett, dass Sie darauf hinweisen. Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund. Der Plan war, Sie nicht zu früh mit Projektplanung und anderen Unannehmlichkeiten zu belasten und Ihre Zeit unnötig zu beanspruchen, sondern Sie dann dazuzubitten, wenn Sie aktiv werden können. Ich finde es aber sehr freundlich von Ihnen, dass Sie sich zu einem so frühen Zeitpunkt bereits engagieren. Das zeigt die Wichtigkeit und gleichzeitig die Dringlichkeit des Projektes.“

Blöße vermeiden

Zugegeben, das verdreht die Tatsachen, denn Sie hatten Herrn Nube wirklich vergessen. Aber es ist auch nicht notwendig, sich wegen jeden Fehlers eine Blöße zu geben. Das tun die Kollegen in der Regel auch nicht. Und ein offenes „Ich habe Sie einfach vergessen“ kann Ihnen monatelang Ärger einbringen.

Manchmal ist es einfach besser, nicht ganz ehrlich zu sein und die schwierige Situation positiv für sich zu nutzen. Wesentlich ist ja letztendlich nur, dass die Abteilung zu ihrem Recht kommt und alle unbelastet zusammenarbeiten. Auch wenn sie sich vielleicht lieber eine Einladung gewünscht hätte, ist der Ausgang relevant.

E-Mail-Einladungen

E-Mail-Verteiler haben es in sich, und es ist wesentlich, diese genau zu studieren und zu überlegen, wer mit welchen Interessen und Kompetenzen in dem Kreis sitzt, der Sie erwartet. Sicherlich ist es mühsam, immer alle einzuladen, die irgendein Interesse am Thema haben könnten. Denn es ist viel schwieriger und langwieriger, mit vielen Personen zu einer Entscheidung zu kommen als mit wenigen Personen. Andererseits kommen in der Regel nicht alle zu einem Meeting. Und wenigstens kann so niemand sagen, er wäre nicht eingeladen gewesen.

Eine elegante Lösung ist es auch, eine erste Einladung mit der Information über das neue Projekt so zu verschicken: Sie formulieren einen allgemeinen Text und definieren die direkten Teammitglieder dafür, die mit der Ebene darüber abgestimmt sind. Des Weiteren fügen Sie unter CC alle Personen ein, die in irgendeiner Form von Ihrer Arbeit betroffen sein könnten. In der Mail formulieren Sie dann einen Satz wie diesem:

Beispiel

„Für einen zügigen Projektablauf war es wichtig, ein aktives Kernteam zu definieren. Dieses Kernteam ist aber auf Informationen und Zuarbeit von außen angewiesen. Wir bitten deswegen alle Interessenten, an Projektmeetings teilzunehmen und/oder uns Informationen zukommen zu lassen.“

Niemanden ausgrenzen

Mit dieser Einladung haben Sie alle im Boot. Keiner kann sich ausgegrenzt fühlen, und dass nicht jede Abteilung und jede Person immer zum engsten Kernteam gehören kann, das sehen die meisten Menschen auch ein. Macht ja auch Arbeit. Sollte sich jemand melden und unbedingt ins Kernteam wollen, dann müssen Sie das von Fall zu Fall abwägen.

Es ist nicht nur relevant, die Personen an Bord zu wissen, die für das Projekt inhaltlich wichtig sind, sondern auch diejenigen, die politisch das Projekt mittragen. Je größer die Institution, in der Sie arbeiten, umso wichtiger ist dieser strategische Punkt: Wen muss ich involvieren, damit er nach außen hin das Projekt stützt? Wer ist politisch wichtig, ohne inhaltlich etwas beisteuern zu können? Wer kann, wenn er sich übergangen fühlt, die Arbeit behindern?

Oft ist es besser, jemanden von Anfang an dabeizuhaben, als jemanden außen zu wissen, der seine Energie darauf lenkt, die Arbeit des Kernteams zu blockieren.

Ein Konflikt naht Beispiel

Erkennungszeichen: Personen im E-Mail-Verteiler

To Do: Flucht nach vorne, sich nicht rechtfertigen, sondern eine positive Lösung anbieten; Mailverteiler sehr sorgfältig zusammenstellen

Der ungerechtfertigte Anranzer

Pause

Alles schien sehr gut zu laufen. Sie liegen gut im Zeitplan und entspannen sich beim Lesen der neuesten Mitarbeiterzeitschrift und einer Tasse Kaffee für ein paar Minuten, um sich dann wieder auf ein größeres Projekt konzentrieren zu können. Durchatmen tut ab und zu gut, sonst kann man einen 12-Stunden-Tag einfach nicht konzentriert hinter sich bringen. Da schwingt Ihre Tür auf, und Ihr Chef kommt herein:

Beispiel

„Na, Frau Selten, müssen Sie schon wieder Pause machen? Haben Sie nichts zu tun?“

Sie bemerken, wie die Wut in Ihnen aufsteigt. Wie kommt Ihr Chef dazu, Sie so anzuschießen? Er weiß doch genau, dass Sie zu seinen besten Leistungsträgern gehören. Was soll das jetzt?

Wenn Sie jetzt nichts sagen, dann haben Sie einen Konflikt mit Ihrem Chef, der wahrscheinlich Spuren bei den nächsten sachlichen Gesprächen hinterlassen wird. Sie konnten den Konflikt nicht kommen sehen, aber plötzlich ist er da. Was also tun? Sie könnten Ihren Chef in seine Schranken weisen und ihm sachlich erklären, was Sie alles zu tun haben und auch alles schaffen werden – in der gewohnten, bewährten Weise. Dann wären Sie aber auf der Seite der Rechtfertigung angelangt und würden sich hinterher sicher nicht besser fühlen.

Humor

So oder so ähnlich bahnen sich viele Konflikte an. Je weniger man diese Anzeichen ignoriert, sondern aktiv darauf zugeht und versucht zu klären, umso weniger wird man von richtig schweren Konflikten überrascht. Wenn die Fronten erst einmal verhärtet sind, dann ist es ganz schwierig, wieder miteinander einen guten Kontakt herzustellen. Also nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern versuchen, die Sache mit Humor zu sehen:

„Nein, ich muss nicht. Ich mache die Pause freiwillig. Sie wissen ja sicher auch, dass man nur dann langfristig gute Arbeit leisten kann, wenn man sich ab und zu zehn Minuten Pause gönnt. Ich hoffe, Sie gönnen sich diese Pausen auch und bleiben uns noch lange erhalten! Ich wette, Sie haben etwas Wichtiges zu besprechen mitgebracht?“

Mit dieser Antwort erreichen Sie mehrere Dinge gleichzeitig: Sie reagieren nur auf den Teil: „müssen Sie Pause machen“ und nicht auf die Frage, ob Sie nichts zu tun hätten. Sie reagieren zunächst humorvoll, ordnen dann die Pause richtig ein und empfehlen diese dem Chef. Dann unterstellen Sie, dass es etwas Wichtiges zu besprechen gibt, und haben so das Glatteis verlassen. Damit führen Sie zum sachlichen Anlass seines Besuches hin.

Um solche Antworten produzieren zu können, braucht es in erster Linie einen klaren Kopf. Sobald man sich getroffen, schlecht behandelt, ertappt, falsch bewertet, nicht wertgeschätzt fühlt – die Liste ist lang –, reagiert man emotional. Und emotionale Reaktionen sind oft nicht die besten. Die meisten Menschen reagieren in solchen Situationen eher defensiv, anstatt zu versuchen, die Situation positiv für sich zu wenden. Sie können die Dinge nicht humorvoll und gelassen nehmen, sondern fühlen sich angeschossen und schießen im schlechtesten Fall zurück.

Ein Konflikt naht

Erkennungszeichen:ungerechtfertigte Unterstellungen/Beschuldigungen

To Do: gelassen bleiben, mit Humor reagieren, nicht verteidigen, zum Sachthema übergehen

Wenn die Nase nicht passt …

Andere Wellenlänge

Wenn man emotional mit einem Menschen nicht auf eine Wellenlänge kommen kann, dann geht es oft vom Verstand her nur sehr mühsam. Es ist natürlich nicht immer die „Nase“, die einem nicht passt. Oft sind es Angewohnheiten beim Sprechen, in der Gestik oder im Verhalten, die negative Assoziationen auslösen. Wenn Sie wissen wollen, wie so etwas zustande kommt, dann können Sie in Ihrer eigenen Vergangenheit nachlesen: Gibt es jemanden in Ihrem früheren Umfeld, an den Sie der Blick, die Nase, die Bewegungen erinnern? Welche Person ist das? Und wie haben Sie zu ihr gestanden? Kann es sein, dass Sie Ihr altes Verhalten in die Gegenwart übertragen?

Diese Fragen bringen oft weiter: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Wenn man weiß, was man am anderen so „nervig“ erlebt, dann kann man sich gelassener zurücklehnen und bewusst versuchen, neue Erfahrungen zu machen.

Manchmal aber haben Sie allen Grund, sich über das Verhalten eines anderen aufzuregen, zum Beispiel, weil der Betreffende negative Geschichten über einen verbreitet.

Beispiel

Urs ist wahrlich ein vernünftiger Mensch. Er argumentiert gerne sachlich, sieht wenig Probleme und bewahrt sich fast immer eine Portion Humor. Wenn er aber auf Sandra trifft, dann ist es um seine Fassung geschehen. Sandra reagiert dermaßen emotional, aber was ihn am meisten stört: Sie interessiert sich heute nicht mehr für ihr „Geschwätz“ von gestern. Was sie ihm an einem Tag zusagt, ist am nächsten Tag für sie unbedeutend. Urs versucht vergeblich, Sandra zu konfrontieren:

Urs: „Sandra, ich warte auf die Unterlagen. Du hast mir doch letzte Woche versprochen, die Zusammenstellung fertig zu machen. Sie sollte bis Freitag bei mir sein, damit ich sie durchsehen und weiterleiten kann. Heute ist Dienstag und ich habe schon sehr unfreundliche Nachfragen erhalten.“
Sandra: „Ach Urs, weißt du, ich beschäftige mich da gerade mit einer sehr spannenden Sache. Man sollte einige Strukturänderungen hier vornehmen, dann würdest auch du nicht mehr so unter Druck stehen. Ich habe viel in den letzten Tagen darüber nachgedacht, und da waren die Unterlagen einfach nicht mehr mein Thema.“
Urs: „Aber sie sind mein Thema. Ich stehe schließlich anderen gegenüber in der Pflicht.“
Sandra: „Wenn das so ist, dann stelle sie doch schnell selbst zusammen.“
Urs: „Sandra, mir fehlen Infos, die nur du hast, und darum habe ich dich in der letzten Woche gebeten.“
Sandra: „So, was denn?“

Fehlende-Umsetzungskonsequenz

Urs hätte große Lust, laut aufzuschreien. Er kann und will auch nicht verstehen, wie die Kollegin so in den Tag hineinlebt, heute dieses interessant findet, morgen jenes, aber kein Projekt konsequent verfolgt. Zugegeben, Sandra hat viele gute Ideen. Mit ihr unverbindlich zu plaudern macht großen Spaß. Aber die vielen guten Ideen verpuffen, denn sie bringt nichts wirklich zur Umsetzungsreife. Urs kann mit diesem Verhalten einfach nicht umgehen. Ganz mit seiner Wut beschäftigt, fällt ihm auch nicht ein, wie er die Dinge mit ihr regeln könnte. Denn er kann nicht auf die Infos zugreifen, die er braucht. Er könnte natürlich versuchen, über jemand anderen an diese Infos zu kommen. Das würde funktionieren – vielleicht, sofern es eine Alternative gibt. Er könnte auch versuchen, Sandra direkt abzuholen, indem er zu ihr hingeht und ihr sagt: „Ich brauche das jetzt“ und neben ihr stehen bleibt, bis sie es herausgesucht hat. Menschen wie Sandra können gut auf das Aktuelle reagieren. Sie freut sich wahrscheinlich sogar, wenn er vorbeikommt und sie gemeinsam die Sachen heraussuchen, die er braucht. Sie würden noch nett plaudern und die Sache wäre erledigt – für beide Seiten auf angenehme Weise.

Urs kommt nicht auf diesen Gedanken, weil er es selbst katastrophal fände, wenn jemand in sein Büro schneien und ihn bitten würde, sofort etwas zu erledigen. Und noch katastrophaler fände er es, wenn der Betreffende auch noch neben ihm stehen bliebe. Dafür ist sein Tag zu strukturiert. Er hätte dann das Gefühl, seinen eigenen Zielen nicht mehr gerecht werden zu können, und würde unzufrieden nach Hause gehen oder bis in die Nacht hinein arbeiten. Sandra macht das nichts aus. Da ihr Tag deutlich weniger Struktur hat, stören sie Veränderungen und Unterbrechungen nicht in dem Maße wie Urs.

Es geht hier zwar nicht um die Nase, aber es geht um eine Eigenschaft, die fest im Charakter einer Person verwurzelt ist und die sich auch nicht einfach so verändern lässt, zumal beide Personen keinen Anlass für eine Veränderung erkennen können.

Ein Konflikt naht

Erkennungszeichen: Schwierigkeiten mit der Art des anderen To Do: gelassen bleiben, nicht aufregen, ungewöhnliche Wege zur Kooperation suchen – auch Wege, die man selbst nicht gerne beschreitet

Wenn die anderen noch so viel Ärger machen: Bleiben Sie gelassen und überlegen Sie Möglichkeiten, wie Sie Ihre Ziele erreichen können. Probieren Sie auch ungewöhnliche Wege aus und schrecken Sie nicht vor möglichen Wegen zurück, nur weil Sie selbst diese unangenehm fänden.

Zu viele E-Mails

Typische E-Mail-Probleme

Missverständnisse und damit Konflikte über E-Mails entstehen sehr viel häufiger als im direkten Gespräch. Zwar haben Sie bei E-Mails immer einen Beleg in der Hand und können sich auf Geschriebenes berufen. Aber Sie können gleichzeitig nicht direkt nachfragen, nachkorrigieren und erläutern, was wirklich gemeint ist. Die direkten Kontakte am Arbeitsplatz nehmen durch das Mailsystem deutlich ab. Das spart zwar Zeit, wenn Kollegen dann aber zusammensitzen, gehen sie ellenlange Maillisten durch und klären die insgesamt aufgelaufenen Missverständnisse. Das kostet wieder Zeit.

Also, warum nicht einfach öfter mal in kleinen Gruppen zusammensitzen oder wieder altmodisch zum Telefon greifen? So lässt sich viel besser und schneller etwas aus der Welt schaffen, das durch viele Mails und eskalierende CC-Kopien sonst zu einem heftigen Konflikt anschwellen könnte. Nach dem Gespräch können Sie immer noch eine E-Mail mit den zusammengefassten Vereinbarungen und To Dos herumschicken. Dann haben Sie es auch schriftlich.

Vorteile von E-Mails

Mails haben natürlich andererseits den Vorteil, dass man sich in Ruhe überlegen kann, was man schreiben möchte, und das Geschriebene hinterher auch noch einmal durchsehen kann, bevor man auf den Knopf drückt und die Nachricht sendet. Die Kommunikation funktioniert also überlegter – meistens. Manchmal sind die Finger schneller als der Kopf und dann kann es doppelt schwierig werden.