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Dieses Buch hat kein anderes Ziel, als denen, die ich liebe, Mut zu machen,
ihre Grenzen zu überschreiten, und zwar nicht mehr auf der Erde,
im Wasser und in der Luft, sondern in ihrem eigenen Inneren,
um dort den Mittelpunkt des Kreises ihrer eigenen Existenz zu finden.
Wenn ich dieses Ziel tatsächlich erreiche,
werde ich mich auf meiner Suche weniger alleine fühlen

BERTRAND PICCARD

Angelika Höcker

Business Hero

Eine Heldenreise in 7 Etappen

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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in
der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Informationen sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de
Umschlagillustration: A-Digit/iStockphoto

©2014 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Das E-Book basiert auf dem 2010 erschienenen Buchtitel „Business Hero“ von Angelika Höcker, ©2010 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise,
nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-112-3

www.gabal-verlag.de

Inhalt

Vorwort

1. Reisevorbereitungen

Die Helden unserer Kindheit

Wir brauchen neue Helden

Die innere Reise zur Kreativität

Achtsamkeit

Erzählen können

Die eigene Erfolgsstory schreiben

Für wen kommt die Heldenreise infrage?

Erste Reflexion: Die Spur der inneren Stimme aufnehmen

Die sieben Etappen der Heldenreise

2. Im Alltäglichen – zum Außergewöhnlichen

Es war einmal ein Elefant …

Mein Aufbruch zu mir selbst

Reiseunternehmen

Die Reise beginnt im Alltag

Zweite Reflexion: Wie sieht es im Moment in Ihrem Leben aus?

»Schöner Scheitern«

Veränderungsimpulse

3. Das Abenteuer lockt – können Sie den Ruf hören?

Ein Wispern, ein Flüstern – ein Ruf, ein Schrei

Verpasstes Leben

Dritte Reflexion: Lernen, den Ruf zu hören

Alles Zufall? Alles Zufall!

Körperliche Zweifel

Unverstandene Impulse

Das Leben ruft

Nur Mut! Nur Angst!

Noch einmal: Was ist ein Ruf?

4. »Das geht doch auf gar keinen Fall …« – die Verweigerung

Erster Gegenwind

Der innere Kritiker

Nur Fliegen ist schöner

Und Sie?

Veränderung und Akzeptanz

Vierte Reflexion: Akzeptanz lernen

5. Ja zum Leben, ja zu mir – die Entscheidung

Fünfte Reflexion: Entscheidungen vergegenwärtigen

Das Leben – ein fortwährender Marshmallow-Test

Wille ist nicht gleich Wille

Muskeltraining für den Willen

Sechste Reflexion: Lernen, bewusst zu entscheiden

Nach der Geschichte: das Prinzip Menschlichkeit

6. Exkurs – Mentoren und innere Kinder

Entscheidungen setzen Energien frei

Siebte Reflexion: Wer sind Ihre Mentoren?

Mentor jr. – das »innere Kind«

Achte Reflexion: Den Kontakt zu Ihrem »inneren Kind« vertiefen

Zwölf Mentoren und ein Kind

7. Kampf an der Schwelle

Das große Hindernis

Über die Schwelle

Daimon und Dämon

Den Dämon füttern

Die Nachtmeerfahrt

Ins Labyrinth finden

Neunte Reflexion: Über die Schwelle gehen – Widerstände überwinden

8. Neuland – das neue Land

Change – das essenzielle Geschenk

Neuland

Zehnte Reflexion: Mutig das neue Land erobern

Neues sein, neues Sein

Ein dramatisches Ritual

9. Die Belohnung

Die Schatzinsel

Geschenke auspacken

Jenseits des Lavafelds

Geschenke zum Weiterschenken

Potlatch

Das Geschenk ist eine Antwort

Elfte Reflexion: Das Geschenk erkennen, die Belohnung annehmen

10. Die Rückkehr

Neustart

Der Wiedereintritt in die Alltagsatmosphäre

Der Weg aus dem Labyrinth

Die Rückkehr ist eine Zwischenstation

Zwölfte Reflexion: Ein Fazit ziehen – die Heldenreise im Rückspiegel

Pleite ist nicht gleich Pleite

Epilog

Danksagung

Literaturverzeichnis

Über die Autorin

Vorwort

Das chinesische Zeichen für Krise Wei-Ji bedeutet zugleich Chance – was sich in dem oft zitierten Satz niedergeschlagen hat: Krisen sind Chancen. In der Tat birgt jede Krise die Chance auf Veränderung und einen Neuanfang.

Allerdings sind diese Prozesse bei uns Menschen oft mit tief greifenden Ängsten und Selbstüberwindung verbunden. »Vor jeden Neubeginn stellen die Götter die Wächter der Angst«, heißt eine berühmte Figurengruppe der Künstlerin Karen Müller. Es geht darum, loszulassen und Abschied zu nehmen, Neuland zu betreten, sich Unbekanntem und vor allem den inneren Schattenseiten zu stellen. Dies sind durch alle Zeiten und Kulturen die Themen von Märchen und Heldensagen. Gerade in den Heldenreisen verdichten sich archetypische Grundmuster von Reifung und Persönlichkeitsentwicklung. Mag sich die Welt um uns herum auch immer schneller verändern, die Entwicklung der menschlichen Psyche folgt seit Jahrtausenden den gleichen Prinzipien. Indem wir die alten Weisheiten der Heldenreisen verdichten und sie auf die individuellen und organisatorischen Veränderungsprozesse in der heutigen Zeit übertragen, schöpfen wir aus einer wertvollen Ressource, um die komplexen Herausforderungen der Gegenwart besser zu meistern.

Dies ist das Anliegen von Angelika Höcker, die Sie mit diesem Buch schon beim Lesen in der einen oder anderen Weise zu Ihrer persönlichen Heldenreise mitnehmen wird.

Dieses Buch fordert uns heraus, unsere eigenen Paradigmen zu verändern, alte Muster aufzugeben und vor allem der Versuchung zu widerstehen, alles planen und kontrollieren zu können. Die neue Haltung, zu der es uns führen kann, mag sich auch in folgendem Notizbucheintrag* von Pablo Picasso finden:

Ich suche nicht – ich finde

Suchen – das ist Ausgehen von alten Beständen

und ein Finden-Wollen

von bereits Bekanntem im Neuem.

Finden – das ist das völlig Neue!

Das Neue auch in der Bewegung.

Alle Wege sind offen

und was gefunden wird,

ist unbekannt.

Es ist ein Wagnis, ein heiliges Abenteuer!

Die Ungewißheit solcher Wagnisse

können eigentlich nur jene auf sich nehmen,

die sich im Ungeborgenen geborgen wissen,

die in die Ungewißheit,

in die Führerlosigkeit geführt werden,

die sich im Dunkeln einem unsichtbaren Stern überlassen,

die sich vom Ziele ziehen lassen und nicht

– menschlich beschränkt und eingeengt –

das Ziel bestimmen.

Dieses Offensein für jede neue Erkenntnis

im Außen und Innen:

Das ist das Wesenhafte des modernen Menschen,

der in aller Angst des Loslassens

doch die Gnade des Gehaltenseins

im Offenwerden neuer Möglichkeiten erfährt.

Lassen Sie sich zu einer ganz besonderen Reise einladen.

Florenz, im Juli 2010

Marco von Münchhausen

* Zitiert nach: Siegfried Gohr: Ich suche nicht, ich finde. Pablo Picasso. Leben und Werk. Köln: Dumont, 2006

Dr. Marco Freiherr von Münchhausen ist Bestsellerautor (u.a. »So zähmen Sie Ihren inneren Schweinehund!«) sowie international anerkannter Key-Note-Speaker und Coach.

1. Reisevorbereitungen

Diejenigen Unternehmen werden Erfolg haben, denen es gelingt, …
den … Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Chance zur inneren
Transformation zu bieten. Und diejenigen wird man Helden nennen
können, die diese Entwicklung anführen und meistern können
.

DONA WITTEN / AKONG RINPOCHE

Die indo-europäische Wurzel des englischen Wortes leadership
und des deutschen Wortes Leitung ist »leith« und bedeutet wörtlich
»nach vorne gehen«, »über die Schwelle gehen« oder »sterben«.
Die tiefere Erfahrungsschicht von Führung in Veränderungsprozessen
zeigt eine spürbare Resonanz von dieser ursprünglichen Bedeutung
der Wortwurzel, die in der existenziellen Erfahrungsdimension in
transformationalen Veränderungsprozessen sichtbar wird:
im Loslassen und Sterben-lassen des Alten
und im In-die-Welt-bringen des Neuen
und in dem Mysterium und dem Nichts,
das zwischen diesen beiden Bewegungen liegt
.

C. OTTO SCHARMER

Die Helden unserer Kindheit

Wenn wir von Helden sprechen, dann meinen wir gemeinhin jene strahlenden Gestalten aus den Büchern, die wir in unserer Kindheit und Jugend verschlungen haben, und den Filmen, die uns in ihren Bann gezogen haben. Von den jahrhundertealten Märchen und Mythen bis hin zu den Hollywood-Filmen und Superhelden-Comics haben sie unsere Träume erfüllt und unsere Fantasie beflügelt. Unendlich viele glückliche Stunden verdanken wir ihren Abenteuern, von denen wir nicht satt wurden, immer wieder überlisteten wir die Realität, um in das Reich der Fantasie eintauchen zu können. In unseren Träumen waren wir selbst unbesiegbar und haben die Welt gerettet. Aber man kann nicht ewig Kind bleiben, und je erwachsener wir werden, desto mehr verblassen die Erinnerungen an jene glücklichen Tage der fliegenden Teppiche, feuerspeienden Drachen und magischen Amulette.

Das Reich der Fantasie im Arbeitsleben

Und im Arbeitsleben? Dort ist erst recht kein Platz für Abenteuer, Magie und Helden – zumindest scheint es so zu sein, denn wenn vom Business Hero gesprochen wird, wissen die meisten erst mal nicht, wovon die Rede ist. Magische Kräfte, märchenhafte Züge und mythische Aufträge sind in tristen Büros und im trüben Alltag nicht vorgesehen. Loseblattsammlungen, Dienstvorschriften und Verfahrensanweisungen, Controlling-Instrumente und Corporate-Identity-Vorgaben erzeugen ein Klima, in dem Zauberer und Elfen schlecht gedeihen, eine Luft, in der Zwerge und Prinzessinnen nur schlecht atmen können. Das heißt aber nicht, dass in der ökonomischen Welt nicht regelmäßig und vorhersehbar der Ruf nach dem Helden laut wird.

Wir brauchen neue Helden

Sobald eine Krise an der Tür klopft, werden Helden mit übernatürlichen Kräften unüberhörbar gefordert. Der Drachentöter hat genau dann Hochkonjunktur, wenn die Wirtschaft am Boden ist. Er soll das Ruder an sich reißen und das Schiff durch Unwetter und die tosende See navigieren. Er allein soll bestimmen, was auf der Kommandobrücke geschieht. Wer außerdem mit an Bord ist, hat sich seinen kurzen, knappen Befehlen ohne Widerworte zu unterwerfen. Er hat sein Mandat in der Krise erhalten, seine Lizenzen sind aus der Not geboren. Im Ausnahmezustand werden Netzwerke, Organisationseinheiten, Systeme und rationale Prozesse gesprengt – und der heroische Diktator, dieser sehr alte Typus des Helden, betritt die Bühne.

Wenn alle anderen Stimmen verstummen, steht das Spiel auf Messers Schneide. Der alleinherrschende Krisenheld bestimmt allein kraft seines Charismas, wo es langgeht. Er kann alles gewinnen – aber auch alles verlieren.

Der Held von großem Format war gestern

Großformatige Führungshelden richten auch Katastrophen von großem Format an. Wenn auf Netz und doppelten Boden verzichtet wird, um kurzfristig handlungsfähig zu werden, dann ist auch die Zeit der tragischen Helden und der strauchelnden Schurken gekommen. Längst ist deswegen die Epoche des »postheroischen Managements« ausgerufen worden (Dirk Baecker, Postheroisches Management, 1994; Brigitte Witzer, Die Zeit der Helden ist vorbei, 2005). Man ist des Helden älterer Prägung überdrüssig und besser noch, man verabschiedet die Idee gleich ganz.

Der Held von heute ist ein Weltbürger

Der Abgesang auf den ökonomischen Helden ist aber vielleicht etwas verfrüht. Nur brauchen wir eben keine Helden von vorgestern, sondern von heute und morgen. Ich möchte mit dem Business Hero einen dritten Weg vorschlagen, auf dem der Held weder vergöttert noch verdammt werden muss. Ich möchte die Frage neu stellen, was der Held für uns heute sein kann. Ich denke an einen Typus des Helden, der nicht in den Krieg zieht, um Schlachten zu gewinnen, sondern in die Welt, um sie zu einem besseren Platz nicht nur für sich, sondern für uns alle zu machen. Ich denke an einen Helden, nach dem nicht bloß gerufen wird, wenn die Schiffe bereits sinken. Mein Held lehnt dankend ab, wenn ihm die Stelle als Alleinherrscher unterschriftsreif vorgelegt wird. Er arbeitet für sein eigenes Wohl, denn er ist ehrgeizig und hat Ambitionen, aber eben auch für das seiner Mitarbeiter, ohne die er keine solchen Erfolge verbuchen könnte. Seine Sorge gilt zudem seiner Gesellschaft und ihrer Ökonomie. Und er begreift sich als verantwortungsvoller Weltbürger des einzigen bewohnbaren Planeten, den die Menschen kennen. Der Business Hero sieht also nicht nur sich selbst, sondern hat auch seine engeren und weiteren Umwelten immer im Blick.

Wir sollten demokratische Helden werden

Ich spreche also von einem demokratischen Helden, der nicht heroisch gegen seine Rivalen in den Krieg zieht, sondern eine Heldenallianz initiiert, die bei allem notwendigen Egoismus nicht diejenigen vergisst, die keine Helden sein können, dürfen oder wollen. Wir sollten unser Bild vom Helden demokratisieren und daran mitarbeiten, demokratischen Helden gute Arbeitsbedingungen zu bereiten. Und last, but not least: Wir sollten selbst demokratische Helden werden.

Der Held von gestern ist laut und neigt zu übertriebenen Gesten. Jeder soll schon von Weitem und mit einem Blick sehen, wer das Sagen hat. Im Getümmel der Schlacht, die er angezettelt hat, steht er immer im Mittelpunkt. Theatralischer als die Ritter seiner Tafelrunde lässt er seine Klinge auf den gegnerischen Rüstungen tanzen.

Wir sollten lernen, dass das Spektakel nur Oberfläche ist, nur blendender Schein. Der moderne Held verzichtet auf lautes Gepolter. Er definiert sich nicht durch Schall und Rauch, vielmehr ist es eine innere Entwicklung, durch die er gegangen ist, die ihn auszeichnet. Er hat seine Fähigkeit, laut werden zu können, keineswegs verloren, er hat aber gelernt, Dezibel homöopathisch zu dosieren. Seine Autorität bedarf keiner falschen dramatischen Inszenierung, sie ist natürlich und verdankt sich vielmehr einer inneren Gelassenheit und Ruhe, mit der er ohne Hektik, dafür aber entschlossen und mit Bestimmtheit die Dinge anpackt.

Die Helden von gestern und heute reisen unterschiedlich

Älterer und neuerer Held unterscheiden sich deutlich – und zwar besonders deutlich hinsichtlich ihrer Reisevorlieben. Der ältere Held zieht sofort, ohne zu zögern und viel zu überlegen, in die Welt, die voller Feinde und potenzieller Schlachtgegner ist. Er wird nicht ruhen, bis er der Letzte ist, der noch steht, umkränzt von gefällten Rüstungen. Er ist bereit und begierig, bis zur letzten Entscheidung zu kämpfen, und sollte er es nicht schaffen, dann ist er wild entschlossen, das Schlachtfeld mit seinem eigenen Blut zu tränken. Mit anderen Worten: Er ist ein kopfloser, ein notorischer Aktivist. Nur wenn er handelt, meint er, gesehen zu werden. Und nur, wenn er gesehen wird, meint er, zu sein.

Ziele des modernen Helden sind, innen und außen neue Felder zu erobern

Der neuere Held ist auch entschlossen, aber er kann Zweifel zulassen. Er zieht nicht gleich los und wirft sich ins Kampfgetümmel gegen beinahe beliebige Gegner. Auch er tritt eine Reise an, die ihn aber nach innen führt. Sein Heldentum beginnt mit einem Umweg. Er weiß, dass er nicht alle Gegner niederringen kann – und er weiß vor allem, dass er nichts davon hätte, jeden und alle zu besiegen. Ein Business Hero, der alle als Gegner sieht und alle zu Boden schickt, hätte schließlich keine Kunden mehr, er hätte niemanden, mit dem er einen Vertrag abschließen könnte, niemanden, mit dem er kooperieren könnte, niemanden, mit dem er zusammenarbeiten könnte. Der moderne Held bricht zu sich selbst auf, nicht gegen andere. Seine Expedition ist zuerst Introspektion. Er besinnt sich auf sich und die Fähigkeiten, die er in sich trägt. Er weiß, dass er davon mehr hat, dass dies der größte Sieg ist, dass Erfolg haben und die Fähigkeit, »Ich« sagen zu können, sich keineswegs widersprechen – übrigens entgegen anders lautender Gerüchte. Die Eroberung von Ich-Anteilen und Marktanteilen, das sind die Ziele des modernen Helden. Dafür muss man andere Reisen machen und anders reisen. Vielleicht werden Dritte diese verschlungenen Wege nicht sofort verstehen, und es kann immer wieder zu Irritationen und Konflikten kommen, wenn man diesen Pfad aber konsequent und überzeugt einschlägt, wird man den doppelten Erfolg ernten können, sich sowohl glücklicher in seiner Haut fühlen als auch gerüstet sein für die ökonomischen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft.

Und natürlich ist der Held, der auch heute noch Held sein kann, nicht zwangsläufig ein Mann. Die Heroen der Geschichte waren Männer, abgesehen von wenigen Ausnahmen wie Jeanne d’Arc. Wenn die tapferen Ritter in die Welt zogen, um die Âventiure, die Bewährungsproben und Abenteuer, zu bestehen, blieben die Hoffräulein einsam im Turm der Burg zurück, um vielleicht für fahrende Minnesänger ihr Haar herunterzulassen. Ein Business Hero dagegen kann Frau oder Mann sein. Die Heldenreise kennt keine Frauenquote, auf den Weg zu sich selbst und zum Erfolg kann jede(r) aufbrechen.

Wir sind nicht alle Helden. Aber jeder von uns trägt das Potenzial in sich, ein Held werden zu können. Auf der Heldenreise, die ich mit Ihnen unternehme, kann jeder den verborgenen Schatz heben und ein Business Hero werden. Hat Sie das Reisefieber auch schon gepackt? Überlegen Sie schon, was Sie auf jeden Fall mit auf den Weg nehmen wollen? Fragen Sie sich bereits, wohin der Weg Sie führen wird?

Machen wir uns gemeinsam auf die Reise!

Die innere Reise zur Kreativität

Reisen bildet und längst wissen wir, dass Bildung unser wertvollstes Gut ist. Aber allzu oft gehen wir geradezu fahrlässig mit unserem Potenzial um. Wir sollten mehr reisen. Machen wir uns auf den Weg! Aber nein, nein, nur keine Hektik. Sie können diese Reise nicht buchen und kein Ticket in der Hand halten, Sie müssen sich nicht einmal vom Fleck weg bewegen. Bleiben Sie ruhig sitzen und entspannen Sie sich. Diese Reise ist eine innere Reise.

Der moderne Held reist auf dem Weg zur Selbsterfahrung …

Eine der schönsten Definitionen des Helden stammt von Paul Rebillot und Melissa Kay: »Ein Held, ob im Mythos oder in der heutigen Welt, ist jemand, der einen Ruf hört und ihm folgt« (Paul Rebillot und Melissa Kay, Die Heldenreise, 1997, S. 26). Der Held macht sich auf den Weg und stürzt sich in die »Abenteuer der kreativen Selbsterfahrung«. Er verlässt den Raum der Gewissheit und begibt sich frohen Mutes in die Gefahr. Er geht auf die Heldenreise zu den Quellen des eigenen Selbst und seiner Kreativität.

Rebillot und Kay haben ihre therapeutische Methode zwischen modernem Theater und urzeitlichem Ritual angesiedelt. Sie ist ein wilder Mix aus Narren- und Dämonentänzen, Meditationen, Körpererfahrungen und Atemübungen, Reisen durch den Wahnsinn und in das Land der Wunder. Diese verrückte Heldenreise steuert mit hohem Tempo und großem Charme aufs Ziel zu: dem, der sich auf die Reise begeben hat, einen möglichst intensiven Selbsterfahrungsprozess zu ermöglichen.

… vom kulturgeschichtlichen Ursprung …

Die Methode basiert auf einer kulturgeschichtlichen Untersuchung Joseph Campbells. Schon 1949 beschrieb der US-amerikanische Mythenforscher die Reise des Helden. Er zeigt, dass die großen Märchen, Volkssagen, Mythen und Religionserzählungen im Wesentlichen aus denselben Elementen bestehen. Vom alten Griechenland bis ins neue Hollywood wird immer wieder der gleiche »Monomythos« (J. Joyce) erzählt, der aus den immer gleichen »Archetypen« (C. G. Jung) besteht. Der Held hört den Ruf, zögert, bricht auf, wird geprüft, erhält übernatürliche Hilfe, übersteht zahlreiche Abenteuer, gewinnt den Schatz, kehrt, wiederum zögernd, zurück und schenkt der Welt seinen Gewinn.

… bis zur inneren Ankunft

Das kostbare Geschenk, das der Held gewonnen hat und mit den Seinen teilt, ist vielleicht ein Stein, dem magische Kräfte nachgesagt werden, oder ein wertvolles Elixier, das ewiges Leben verspricht. In turbulenten Abenteuern ist er mehrfach nah dran, den »verlorenen Schatz« oder den »heiligen Gral« zu erobern. Nach dem entscheidenden letzten Abenteuer hält er das kostbare Gut dann in Händen und bringt es sicher in die Welt, aus der er einst aufgebrochen war. Zu den zentralen Motiven dieser Eroberung gehört es, dass das, worum es die ganze Zeit ging, mit einem Mal nicht mehr so wichtig ist. Am Ende erkennt der Held oftmals, dass er gar nicht auf der Suche nach unermesslichem Reichtum gewesen ist. Zu Staub zerbröseln ihm all die Dukaten und Taler zwischen den Fingern – aber das macht nichts. Denn der zurückgekehrte Held hat inzwischen begriffen, dass er auf einer ganz anderen Suche war, ohne es zu wissen. Parallel zur äußeren Reise vollzieht der Held eine innere Entwicklung – und das wird ihm meistens erst am vorläufigen Ende seines Weges bewusst. Er musste erst die Welt erobern, um sich selbst zu finden. Seine abenteuerliche Reise in die Ferne war ein Umweg – ein kraftraubender Umweg, der ihn an seine Grenzen geführt hat, aber allemal ein lohnender. Der Gewinn ist wertvoller als alle materiellen Schätze: »Der Held ist … der Mensch, ob Mann oder Frau, der fähig war, sich über seine persönlichen und örtlich-historischen Grenzen hinauszukämpfen zu den allgemein gültigen, eigentlich menschlichen Formen. Seine Visionen, Ideen und Eingebungen kommen unverdorben von den Urquellen menschlichen Lebens und Denkens.« (Joseph Campbell, Der Heros in tausend Gestalten, 1999, S. 26)

Achtsamkeit

Kaum ein Wissenschaftszweig hat in den letzten Jahren so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen wie die Neurowissenschaften. In weiten Teilen sind die altehrwürdigen Geisteswissenschaften zugunsten der neueren Kognitionswissenschaften in den Hintergrund getreten. Während die Erforschung des Ich früher ganz klar auf dem Hoheitsgebiet der Philosophie stattfand, sind die Zuständigkeiten inzwischen neu verteilt.

Ich möchte aus der Vielzahl der Veröffentlichungen, die in diesem Zusammenhang von Interesse wären, nur einen Text – oder genauer: nur einen Begriff auswählen, jenen der Achtsamkeit. Der Neurobiologe und Psychologe Daniel J. Siegel stellt ihn in seinem Buch Das achtsame Gehirn in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. Achtsamkeit, das ist auf der einen Seite Gewahr- oder Gegenwärtigsein, die Lenkung der Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt, eine Art der bewussten Steuerung unserer Wahrnehmung. Auf der anderen Seite klingt in dem Begriff auch die Achtung (vor den anderen) an. Wer »Achtung!« sagt, kann damit sowohl alarmieren, man solle nun aufpassen, als auch ausdrücken, er empfinde Respekt gegenüber jemandem.

Der Held kennt seine Aufgaben

Genau diese Doppelbedeutung ist auch für die Heldenreise von essenzieller Bedeutung. Ich beginne mit der zweiten Bedeutung: Achtung vor anderen zu haben, ist genau das, was ich meine, wenn ich vom Ideal des demokratischen Helden spreche. Man könnte auch sagen, er ist ein achtender Held, während ältere Heroen oft verachtende Helden waren. Es ist kein Wunder, dass Siegel seine Wissenschaft Interpersonelle Neurobiologie nennt. Dort wie hier geht es nicht um das Fitmachen von verhärteten Einzelkämpfern für ihren Showdown gegen die ganze Welt, sondern um ein zukunftsstiftendes Heldentum, um einen Helden, der nicht von Feinden und Gegnern umzingelt ist, sondern Aufgaben sieht, die er zusammen mit anderen anpacken und bewältigen möchte. Und er wählt Arten und Weisen des Handelns, die keine Opfer hinterlassen. Er will keine Schandtaten begehen, sondern Gutes bewirken. Er will nicht von den Menschen getrennt, sondern mit ihnen sein.

Aufmerksamkeit im Alltag nutzt die Zeit

Nun zur ersten Bedeutung der Achtsamkeit als Fokussierung der Aufmerksamkeit. Wenn wir unser Leben gewissermaßen »einfach so« leben, unsere Alltagsroutinen immer weiter laufen lassen und auch alles andere »irgendwie« geschieht, dann verstreicht die Zeit formlos. Wenn wir aber bewusst und zielgerichtet unsere Aufmerksamkeit lenken, wenn wir achtsam gegenüber uns selbst sind, dann formen wir uns selbst, unser Erleben, unseren Alltag, unser ganzes Dasein. Wir lenken den Fluss der Zeit, wir sind den »Naturgewalten« dann nicht mehr wehrlos ausgeliefert, sondern bestimmen mehr und mehr selbst, wo und wie es langgeht. Achtsamkeit für sich selbst, für die eigenen Bedürfnisse genauso wie für die eigenen Fähigkeiten – das sind keineswegs irgendwelche »Luxusartikel«, die niemand wirklich braucht, vielmehr gelangen wir so zu uns selbst, an die Quellen unseres Menschseins: »Die Fähigkeit, seine eigenen Potenziale zu erkennen und zu entwickeln, ist das herausragende Merkmal des Menschen. Diese Selbstreflexionsfähigkeit braucht unsere Spezies überlebensnotwendig, um dem Chaos und der Starre gleichermaßen zu entgehen.« (Daniel J. Siegel, The Mindful Brain – das achtsame Gehirn. In: Hüther/Roth/von Brück, 2008, S. 38–55, hier S. 55)

Die Selbstreflexionsfähigkeit ist Voraussetzung für Achtsamkeit

Jeder Mensch hat diese Fähigkeit. Siegel verortet sie im »präfrontalen Kortex«, dem Bezirk des Gehirns direkt hinter der Stirn. Wie dem auch sei, genau diese Fähigkeit (bzw. dieses Hirnareal) lassen wir Menschen allzu oft verkümmern. Wir gehen nicht sorgsam mit den Potenzialen um, die uns mitgegeben wurden. Die Nachlässigkeiten schleichen sich ein, verstärken sich im Wechselspiel mit den »Notwendigkeiten«, die wir so gerne beschwören, um eine Ausrede zu haben, weil wir die Dinge nicht anpacken. Die Spirale beginnt abwärts zu drehen, erst leicht, dann immer heftiger und unaufhaltsamer. Das Ende ist die Verödung ehedem fruchtbaren Bodens, auf dem nun nichts, aber auch gar nichts mehr wächst.

Die Heldenreise ist Dünger für die Achtsamkeit. Tritt man sie an, dann lernt man, was man früher vielleicht besser gekonnt hat – man lernt wieder, auf sich selbst zu hören, das zu hören, was im Alltagslärm die Stimme verloren hat. Man lernt wieder zu sehen, was aus dem Blickfeld geraten ist. Man lernt wieder, sich auf die wirklich wichtigen Dinge zu fokussieren, statt im Ver- und Zerstreuten alles als gleich wichtig oder unwichtig wahrzunehmen, alles gleichgültig als gleich gültig zu werten.

Die Heldenreise ist ein Trainingslager für Achtsamkeit, aber auch in der anderen angesprochenen Hinsicht. Wer sich selbst achtet und auf sich selbst achtet, wird letzten Endes auch den oder die anderen achten. Wer heute, hier und jetzt, ein wirklicher Held ist, hat verstanden, dass der Weg zum Heroe nur über die Achtung der Mithelden führen kann. Insofern sind das Konzept Achtsamkeit und die Heldenreise Anleitungen, sowohl sich selbst als auch die anderen mehr zu schätzen, mehr Aufmerksamkeit in beide Richtungen zu investieren, die Sorge um sich und den Respekt gegenüber den anderen auf einem hohen Niveau auszutarieren.

Ob Sie sich nun sich selbst zuwenden oder nicht, ob Sie auf die Heldenreise gehen oder so weitermachen wie bisher: Auf einer Reise sind Sie sowieso – es stellt sich allenfalls die Frage, auf welcher. Man kann mit Autopilot fliegen oder das Steuer selbst in die Hand nehmen. Man kann die Reise, auf der man sich befindet, dafür nutzen, zu sich selbst zu finden, oder ziellos den Schlingerkurs der automatischen Steuerung über sich ergehen lassen. Mein Rat in dieser Angelegenheit: Nutzen Sie Ihren Flug. Spannen Sie die beiden Flügel der Achtsamkeit auf. Und gehen Sie nicht auf die erstbeste All-Inclusive-Bequemlichkeitsreise, sondern machen Sie den einzig wirklichen Abenteuerurlaub: die Heldenreise.

Erzählen können

Das Modell der Heldenreise, wie es Campbell anhand von Geschichten aus mehreren Jahrtausenden entwickelt und das Rebillot und Kay zur spirituellen Methode der Selbsterfahrung ausgebaut haben, ist seither von zahlreichen Psychologen, Gestalt- und Psychotherapeuten adaptiert worden. Von fragwürdiger Esoterik bis zu ernsthaften Therapieformen reicht das Spektrum, in dem man sich auf die Reise begeben kann. Mit meinen Coachings und diesem Buch möchte ich die Methode nicht nur für den Einzelnen, sondern auch und vor allem für Teams und Organisationen, in Mitarbeiterseminaren, Teamentwicklungsprozessen und Change-Kontexten fruchtbar machen, sind doch die Helden unserer Tage vielfach ökonomische Akteure.

Die Heldenreise gibt es als Drehbuch im Kino

Aber auch auf einem ganz anderen Gebiet ist das Modell längst extrem wichtig geworden. Die Heldenreise, die zuerst in Mythen, Märchen und Sagen entdeckt wurde, findet heute in den Kinosälen rund um den Globus statt. In den Traumfabriken Hollywoods, Bollywoods und der ganzen cineastischen Welt werden Heldenreisen am laufenden Band produziert.

Christopher Vogler, der für Walt Disney, Warner Bros., 20th Century Fox und andere große Studios mehrere Tausend Drehbücher gelesen und bewertet hat, erkundete mit Die Odyssee des Drehbuchschreibers als Erster das archetypische Muster des modernen Films. Von A wie Auf der Suche nach dem grünen Diamanten bis Z wie Zwölf Uhr mittags basiert das große Kino auf dem Skript der Heldenreise. Ob Titanic, Indiana Jones, Krieg der Sterne oder Pulp Fiction – immer bedienen sich die Drehbuchautoren bei dem uralten Muster, das die Fantasie der Menschen seit den Anfängen der Geschichte wieder und wieder beflügelt hat. Vogler hat den genetischen Code des Drehbuchs geknackt und damit eine wirkungsvolle Anleitung für Autoren gegeben.

Die Heldenreise ist ein Grundmodell für Geschichten

Aber wir alle sind Autoren. Denn wenn Menschen zusammenkommen, erzählen sie Geschichten. Geschichten, die auf verschiedenen Mustern basieren. Die Heldenreise ist, wie wir bereits gesehen haben, ein Grundmodell, mit dem unendlich viele Geschichten erzählt worden sind. Und wir alle sind die Drehbuchautoren unserer eigenen Lebensgeschichte, unserer Erfolgsstory.

Die eigene Erfolgsstory schreiben

Wenn ein junges Unternehmen förmlich explodiert und nach wenigen Jahren schon viele Hundert Millionen wert ist, dann sprechen wir üblicherweise von einer Erfolgsstory. Die Gründer hinter der Story haben den Ruf gehört, haben ihre Vision verwirklicht und zieren als leuchtende Beispiele die Cover der Wirtschaftsmagazine. In vielen Teams, Büros, Abteilungen, Firmen und Unternehmen wird dagegen nicht (viel) erzählt – und es gibt auch keine erzählenswerte Erfolgsstory. Im Überfluss dagegen gibt es Stress, Überbelastung, Erschöpfung, Ärger, Frust, Verzweiflung und Angst, nicht selten mit körperlichen Folgen – Migräne, Magengeschwüre, Kreislaufstörungen, Tinnitus und Burn-out-Syndrom. Das sind Phänomene, die jeder kennt, ob als Selbstständiger, Angestellter oder Manager.

Wie soll man kreativ sein, mit dem Kopf im Schraubstock? Wie soll man Visionen entwickeln, als Rädchen in der unaufhörlich ratternden Maschine? Wie soll man sein Glück finden, wenn man ständig von ihm wegläuft? Wie soll man sich entfalten, wenn man rund um die Uhr um die besten Plätze auf der Karriereleiter kämpft? Sie können sich die Antwort leicht selbst geben. Wir müssen also einen Weg finden, um »Stopp!« sagen zu können – um schließlich unsere eigene Erfolgsstory erzählen zu können.

Was nicht erzählenswert ist, ist überflüssig

Paul Rebillot und Melissa Kay sprechen gelegentlich von einem »Nullpunkt«, wenn sie den Aufbruch des Helden beschreiben. Der Held hält inne, er sucht einen abgeschiedenen Ort der Ruhe auf, um aus dem reißenden Strom der Zeit auszusteigen. Indem er auf die innere Reise geht, blendet er das Alltagsleben mit seinen kleinen und großen Problemen aus und schafft die Möglichkeit, sich neu zu erfinden. Der Business Hero hält den Zeiger an, wohl wissend, dass die Uhr weitertickt. Er ist jemand, der sich eine Atempause verschafft, um mehr Luft zu bekommen. Er löst sich aus Zusammenhängen und bleibt doch im Kontext. Er verlässt seine normale Existenz, um stärker und erfolgreicher zurückzukehren. Er lernt auf seiner Reise jenseits des Alltags, seine eigene Vision vom Erfolg formulieren zu können.

Für wen kommt die Heldenreise infrage?

Sie fragen sich, ob Sie sich auf die Heldenreise einlassen sollten? »Ist das überhaupt das Richtige für mich?«, überlegen Sie. Sie müssen die Entscheidung selbst treffen. Um sie Ihnen zu erleichtern, führe ich ein paar typische Fälle auf, die ich in meiner Praxis – so oder so ähnlich – kennengelernt habe:

Ein Selbstständiger, der allein arbeitet oder schon ein paar Mitarbeiter hat, zweifelt, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist. Jeden Tag, wenn er aus seinem kleinen Büro in einem ehemaligen Ladenlokal kommt, ist die Sonne längst untergegangen. Er fühlt sich ausgebrannt und leer. Das Unbehagen nagt an ihm, aber er weiß es nicht einzuordnen.

Ein gut bezahlter Angestellter in einem geordneten Beschäftigungsverhältnis, bei dem alles gut läuft, fragt sich, ob es das gewesen ist. Ob das das ganze Leben ist. »Was mache ich hier eigentlich?«, diese Frage bricht manchmal durch, ohne wirklich beantwortet zu werden. Das, was bisher ein auskömmliches Zuhause gewesen ist – der Job –, erscheint immer mehr als Gefängnis. Aber was könnte eine echte Alternative sein?

Eine Abteilung in einer Firma oder einem Unternehmen. Alle Kommunikationskanäle sind freigeschaltet, die Rahmenbedingungen könnten kaum besser sein. Aber trotzdem funktioniert es irgendwie nicht. Von Teamplay kann keine Rede sein, von gelungener Kommunikation untereinander sowieso nicht. Große Visionen und hochgesteckte Ziele? Fehlanzeige! Stattdessen kleinkarierte Vorgaben wie 2,75 % mehr Umsatz – und selbst das droht schiefzugehen. Woran es hakt, kann niemand so recht sagen. Zur Motivationslosigkeit gesellt sich die Erfolgslosigkeit, der Druck wächst. Vielleicht ist schon etwas unternommen worden, aber vergebens. Die Stimmung ist am Boden, die Situation verfahren. Mit herkömmlichen Mitteln aus der Hausapotheke ist dem Problem nicht beizukommen.

Ein Manager hat viel erreicht und will noch mehr erreichen. Aber während er am Anfang der Karriere die Stufen mit Leichtigkeit und unwiderstehlichem Schwung genommen hat, sind aus den Sieben-Meilen-Stiefeln inzwischen klobige Hemmschuhe geworden. Im Sternzeichen der Hausse geboren, droht die Karriere in der Baisse zu versinken. Oder ist der berufliche Erfolg, dem er hinterherhechelt, gar nicht mehr das, was er wirklich will? Ein ganz anderer Lebensentwurf muss her. Möglicherweise würde ihn das stille Leben als Schafhirte viel mehr erfüllen als die atemlose Hatz nach der Rendite.

Ein Unternehmen möchte sich neu aufstellen. Das Management hat erkannt, dass die Geschäfte, die jetzt noch gut laufen, mittel- und langfristig keinen Erfolg mehr versprechen. Märkte in Bewegung erfordern Unternehmen, die sich immer wieder neu erfinden. Aber wohin die Reise gehen soll, ist nicht so leicht zu sagen. Nichts ist schließlich ungewisser als die Zukunft. Hilfe von außen oder besser: Hilfe zur Selbsthilfe ist nötig, um neue Impulse setzen zu können.

Wenn Wandel zur Routine wird

All diese Situationen – und die Liste ist sicher nicht komplett – haben eins gemeinsam. Die Zeichen stehen auf Veränderung, aber Lösungen sind nicht in Sicht. Benötigt wird ein professionelles Change-Management. »Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?«, ist man versucht zu fragen, obwohl genau das Gegenteil der Fall zu sein scheint: Change-Programme haben seit Langem Konjunktur, ihre Zahl ist nachgerade inflationär. Wie Martin Claßen und Felicitas von Kyaw in Warum der Wandel meist misslingt kompetent gezeigt haben, hat sich längst und auf breiter Basis ein erheblicher Überdruss an Change-Prozessen eingestellt. Und zwar auf allen Ebenen, bis hin zu den Führungsspitzen. Zu viele haben zu oft die leidige Erfahrung gemacht, dass Veränderung eine hohle Worthülse sein kann – und dass Change-Prozesse selbst zur ewigen Routine werden.

Veränderung heißt, sich auf etwas einzulassen

In diesen Fällen ist offensichtlich der Sinn für und der Sinn von Veränderung verloren gegangen. Manchmal wird von der »Implementierung« von Change-Prozessen gesprochen – aber Veränderung kann kein umsetzender, abwickelnder Akt der Bürokratie sein. Veränderung heißt, sich auf etwas einzulassen, das man nicht ganz und gar beherrscht und nicht ganz beherrschen kann. Wenn man die Veränderung wirklich will, wird man sich auf etwas einlassen müssen, das man nicht gänzlich steuern kann. Wenn man, ob als Einzelner oder als Unternehmen, Prozesse, Systeme, Strategien, Strukturen oder Verhaltensweisen aufbrechen möchte, dann sollte man den Konsequenzen ins Auge sehen. Vielleicht verändert sich im dynamischen Prozess das Ziel selbst. Vielleicht brechen unangenehme Wahrheiten durch die Oberfläche. Vielleicht erfasst die Veränderung nicht nur jenen kleinen Bezirk, der neu aufgestellt werden sollte, sondern das große Ganze. Echte Veränderung ist nur bedingt planbar – mitunter aber unbedingt notwendig.

Change findet wirklich statt

Findet die echte Veränderung aber wirklich statt, kann der Benefit des Unternehmens gigantisch sein. Ist die Quote der Helden in einem Unternehmen gering, dann wird sich hier und da etwas tun, steigt sie aber und erreicht schließlich eine »kritische Masse«, dann werden Kettenreaktionen ausgelöst, die sich am Anfang niemand vorstellen konnte. Dann könnte es passieren, dass etwas »durch die Decke geht«, wie man so schön sagt, nämlich die Kreativität, die Motivation, der Erfolg. Einzelkämpfer haben es schwer, bilden die vielen Helden aber eine Allianz der Veränderung – und das heißt: Verbesserung –, dann bleibt Change keine Worthülse, sondern stellt sich schneller ein, als man das »von oben« durch Steuerungsmechanismen jemals bewirken könnte.

Veränderung ist die Realisierung der Zukunft – jetzt