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Stephanie Borgert / Mark Lambertz

30 Minuten

Besser entscheiden
mit Red Teaming

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-947-1

ISBN epub: 978-3-95623-899-4

Umschlaggestaltung: die imprimatur, Hainburg

Umschlagkonzept: Martin Zech Design, Bremen

Lektorat: Eva Gößwein, Berlin

Abbildung 1: Stephanie Borgert, Mark Lambertz

Abbildung 2: Siggi Becker

Foto Stephanie Borgert: Jan Hillnhütter, Schifferstadt

Foto Mark Lambertz: Anne Domdey, Düsseldorf

© 2019 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem 2019 erschienenen Buchtitel "30 Minuten Besser entscheiden mit Red Teaming" von Stephanie Borgert und Mark Lambertz, ©2019 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

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In 30 Minuten wissen Sie mehr!

Dieses Buch ist so konzipiert, dass Sie in kurzer Zeit prägnante und fundierte Informationen aufnehmen können. Mithilfe eines Leitsystems werden Sie durch das Buch geführt. Es erlaubt Ihnen, innerhalb Ihres persönlichen Zeitkontingents (von 10 bis 30 Minuten) das Wesentliche zu erfassen.

Kurze Lesezeit

In 30 Minuten können Sie das ganze Buch lesen. Wenn Sie weniger Zeit haben, lesen Sie gezielt nur die Stellen, die für Sie wichtige Informationen beinhalten.

imageAlle wichtigen Informationen sind blau gedruckt.

imageZahlreiche Zusammenfassungen innerhalb der Kapitel erlauben das schnelle Querlesen.

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imageEin Fast Reader am Ende des Buches fasst alle wichtigen Aspekte zusammen.

Inhalt

Vorwort

1. Red Teaming: Wieso, weshalb, warum

Ursprung des Red Teaming

Prinzipien erfolgreicher Red Teams

Eigenschaften und Fähigkeiten eines Red Teamers

Einsatzmöglichkeiten

2. Kritisches Denken

Denken über das Denken

„Ist doch logisch, oder?“

„Es ist nicht so, wie du glaubst!“

Angewandtes kritisches Denken

3. Zusammenarbeit ermöglichen

Das Gesetz des kleinen Teams

Entscheiden in großen Gruppen

Zusammenarbeit verbessern

4. Das Undenkbare denken

Den Möglichkeitsraum entdecken

Die Kreativität einladen

5. Gruppendenken verhindern

Gemeinsam sind wir dumm

Gruppendenken erkennen

Meinungsvielfalt und Gruppenintelligenz fördern

Fast Reader

Die Autoren

Weiterführende Literatur

Vorwort

Gute Entscheidungen sind die Basis für Erfolg. So weit erzählen wir Ihnen nichts Neues. Sie treffen in Ihrem Arbeitsalltag täglich unzählige Entscheidungen – weitreichende, schnelle, unwichtige, risikobehaftete, und das nebenbei, allein, im Team, unter Druck, gern, ungern, mit Sicherheit und vor allem: unbewusst. Nicht an jedem Entscheidungspunkt reflektieren Sie die zugrunde liegenden Annahmen, die daraus entstehenden logischen Schlussfolgerungen, Ihre Vorurteile, die aktuelle Gruppendynamik und so weiter. So liegt immer ein großer Anteil Ihrer Entscheidungsfindung im Dunkeln. Red Teaming ist der Scheinwerfer, der es Ihnen ermöglicht, bewusste, kritisch hinterfragte und überprüfte Entscheidungen zu treffen. Immer mit dem Ziel, die Entscheidungsqualität zu erhöhen und so nachhaltiger zu managen und zu führen.

Der Begriff „Red Teaming“ ist heute am ehesten in den IT-Abteilungen bekannt. Dort wird er seit vielen Jahren verwendet und steht für Simulationen, in denen die IT-Systeme von außen angegriffen werden. Das Ziel dahinter ist das Identifizieren von Sicherheitslücken. Ursprünglich geht der Begriff jedoch auf das Militär zurück, wo man über die Simulation von Schlachten mit roten (Angreifer) und blauen (Verteidiger) Teams versucht hat, die erfolgversprechendste Strategie abzuleiten.

Im Kontext von Organisationen und Unternehmen geht Red Teaming allerdings weit über diese beiden Beispiele hinaus. Es ist eine Sammlung von Haltungen, Denkwerkzeugen und Interventionen, die in Entscheidungsprozessen immer wieder für konstruktives Stören sorgen. Kritisches Hinterfragen, eine Vielfalt an Ideen und Meinungen und das Bewusstmachen individueller und kollektiver Grundannahmen sind die Zutaten für Entscheidungserfolg. Und genau diese nutzen wir in unserer Arbeit als „Red Teamer“ und möchten sie in diesem Buch an Sie weitergeben.

Viele erfolgreiche Entscheidungen wünschen Ihnen

Stephanie Borgert und Mark Lambertz

1.Red Teaming: Wieso, weshalb, warum

Haben Sie heute bereits eine Entscheidung getroffen? Wahrscheinlich sogar mehrere. Haben Sie auch reflektiert, auf Basis welcher Vorannahmen, Stereotype und Glaubenssätze diese Entscheidung zustande kam? Wahrscheinlich nicht, denn gerade der Zeitdruck verleitet uns oft zu unzulässiger Vereinfachung und lässt wenig Raum für Reflexion. Am Ende stehen dann „falsche“ Entscheidungen, die auf lange Sicht nicht die gewünschten Ergebnisse zur Folge haben. Das ist ein wiederkehrendes Problem, gerade im Kontext von Führung und Organisationsentwicklung. Es braucht also Möglichkeiten, die Vorannahmen bewusst zu machen und gegebenenfalls infrage zu stellen, um erst das Problem zu verstehen und dann die passende Lösung zu erarbeiten. Das gilt natürlich nicht nur für Einzel-, sondern vor allem auch für Gruppenentscheidungen. Denn Gruppen sind mitunter gemeinsam dümmer als die Einzelnen – strukturelle Dummheit lauert an jeder Ecke.

1.1Ursprung des Red Teaming

In seiner ursprünglichen und sehr eng gefassten Bedeutung existiert die Idee des Red Teaming seit dem 6. Jahrhundert vor Christus, als der chinesische General und Militärstratege Sun Tzu feststellte:

„Wer seinen Feind und sich selbst kennt, wird auch in einhundert Gefechten nicht in Gefahr geraten.“

Der Begriff erhielt seine Prägung durch die preußische Armee und die in der Kriegsplanung genutzte Arbeit mit Perspektivwechseln. Bereits im 19. Jahrhundert verwendeten die Preußen sogenannte „Kriegsspiele“, die dem Training der Offiziere dienten. Beispielsweise stellte eine Gruppe Offiziere ihren Einsatzplan vor und eine zweite Gruppe betrachtete und diskutierte diesen aus der Perspektive des Feindes. Schwachstellen im Einsatzplan wurden so sichtbar und konnten ausgebessert werden. Zur Visualisierung wurden damals oft Holzblöcke aufgestellt. Die eigenen Truppen, deren Uniformen mehrheitlich blau waren, nannte man „die Blauen“. Rote Flaggen kennzeichneten den Feind, das waren also „die Roten“. So entstand der Begriff „Red Team“.

Damals wie heute gehören kritisches Denken, das Hinterfragen von Annahmen, das Aufdecken kognitiver Verzerrungen oder auch die Analyse konkurrierender Hypothesen zum militärischen Repertoire, um Einsatz- und Schlachtpläne zu verbessern. Red Teaming ist also ein Konzept, das bereits seit Dekaden im militärischen Umfeld etabliert ist.

Das Red-Teaming-Konzept der US-Armee

Die US-amerikanische Armee hat den Begriff „Red Teaming“ und das dahinterstehende Konzept erweitert und 2004 eine Red Team University ins Leben gerufen, an der seitdem Menschen zu Red Teamern ausgebildet werden.

Der Grund für diese Entscheidung ist die bittere Erkenntnis, dass viele US-Streitkräfte im Afghanistaneinsatz zu Beginn der 2000er-Jahre durch Friendly Fire ums Leben kamen oder schwer verletzt wurden. Durch stumpfe Befehlsbefolgung, die Teil der damaligen Führungskultur war, hatten viele Fehlentscheidungen schwerwiegende Konsequenzen. Gefahren wurden nicht ausreichend betrachtet, Risiken nicht gut beleuchtet und rangniederen Kameradinnen und Kameraden wurde kein Gehör geschenkt.

In diesen Situationen wurde allen Beteiligten und Verantwortlichen klar, dass gute strategische und taktische Kenntnisse nicht ausreichen. Auch die Fähigkeiten, sich in andere Kulturen hineinzuversetzen, Perspektiven zu wechseln, die Motive des Gegners zu antizipieren und sich die eigenen Stereotype und Vorurteile bewusst zu machen, waren dringend notwendig. Auf dem Werbeflyer der Red Team University ist das mit folgendem Zitat auf den Punkt gebracht: „Inside every Iraqi, Afghan, Spaniard etc. there is NOT a little American trying to get out.“

Das Ausbildungsprogramm des amerikanischen Militärs verlangt von den Kandidierenden 18 Wochen intensives Vollzeitlernen, in denen neben Kriegsführung, Tools und Methoden vor allem auch soziale Kompetenzen sowie psychologisches und soziologisches Basiswissen vermittelt werden. Das Curriculum basiert auf vier Säulen:

imageKulturelle Empathie stärken

imageSelbstwahrnehmung und Selbstreflexion erhöhen

imageEntscheidungen verbessern und typische Effekte des Gruppendenkens verringern

imageKritisches Denken anwenden

Red Teaming für Unternehmen

Was haben nun unsere Organisationen und das Militär gemeinsam? Es wirken dort die gleichen sozialen Dynamiken und Mechanismen